Zu Besuch bei Andrew Holland
Heute bin ich mit dem Skoutz unterwegs um Andrew Holland zu besuchen. In diesem Jahr steht sein Buch „Er war immer so nett ((Violent-Crime-Unit 3) auf der Midlist Crime von Marcel Riepegerste und hat damit beste Chancen auf den Crime-Skoutz in diesem Jahr.
Ein guter Grund für uns, bei Andrew vorbeizuschauen und ihn mit Fragen zu löchern. Wir sind schon sehr gespannt, wie unser Gespräch laufen wird und Gott sei Dank sind wir gerade angekommen. Dort hinter steht er und winkt uns zu sich, endlich geht es los!
Zu Besuch bei Andrew Holland, der gerne Tee trinkt und hinter die Fassaden blickt
Hallo lieber Andrew, schön dass wir dich heute endlich persönlich kennen lernen dürfen. Als Autor kennen wir dich schon länger und daher ist es wirklich höchste Zeit, dass wir uns mal unterhalten. Und weil der Skoutz-Kauz notorisch neugierig ist möchten wir uns gerne bei dir als erstes etwas umschauen …
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Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?
Wir sitzen auf meinem Balkon, weil das Wetter heute mitspielt. Es ist zwar noch etwas kühl, aber ich habe euch eine Decke gegeben.
Schön hast du es hier und für den Skoutz ist es richtig schönes Wetter heute, ich als Frierhippe nehme die Decke aber sehr gerne. Das ist aber auch echt idyllisch hier.
Das Vogelzwitschern hier in der Gegend, Bruchköbel bei Hanau, begleitet uns während des Interviews und wir freuen uns schon auf den bevorstehenden Sommer. Der Balkon ist nicht groß, im zweiten Stock, liegt aber auf der Sonnenseite.
Ja das ist ein wirklich schöner Ort hier. Und was servierst du uns?
Ich habe euch grünen Tee, aus einer japanischen Teekanne, in kleinen Tassen gemacht. Etwas ungewöhnlich, meintet ihr, aber ich liebe grünen Tee und die japanische Teekunst.
Oh ja, ich finde das auch total schön und entspannend. Es tut gut und ich liebe grünen Tee. Ich finde den Aufwand, der in Japan um Tee gemacht wird, auch sehr faszinierend. Daher ist es toll, wenn ich das jetzt mal aus der Nähe sehen darf! Wie bist du auf den Tee gekommen … oder mit anderen Worten …
Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?
Ich trinke kaum, bis gar keinen Alkohol, da mir mein Körper und Kopf sehr wichtig sind.
Verstehe ich sehr gut, ich mag den gar nicht. Aber das ist ja noch kein Motto. Hast du eins?
Ich denke schon, dass ich ein Motto habe, bin mir aber nicht sicher, ob ich das in der kurzen Zeit, die wir haben, zusammenfassen kann. Gerne versuche ich es
Ja bitte 🙂
In meinen Büchern ist es mir sehr wichtig, zwei Seiten der Medaille – und auch den Mittelteil – zu beleuchten.
Den Mittelteil? Du meinst die schmale Kante, diesen Grat zwischen gut und böse? Was legst du auf diese Kante?
Weshalb tut ein Mensch, was er tut? Was treibt ihn an? Kann ich etwas davon nachempfinden, wenn ich mich mit ihm beschäftige? Ich will damit nicht sagen, dass es okay ist, was meine Täter schlussendlich getrieben hat, nur Verständnis schaffen, eine andere Seite aufzeigen. Manchmal ist auch die Umwelt, die Menschen im Umfeld, Medien etc. mit daran beteiligt, warum jemand seine Taten als gerecht empfindet.
So einen Blickwinkel auf andere Tatsachen schaffen? Ich meine, es ist schon klar, dass diese Taten nicht in Ordnung sind aber umso faszinierender ist es, trotzdem einen Blick hinter die Fassade zu werfen.
Dieses Zitat stelle ich vor jedes meines Bücher und rege die Leser hoffentlich damit an:
„Die Realität ist bedeutend furchteinflößender als die Inhalte eines fiktiven Thrillers. Schlägt man das Buch zu und schaut sich um, erkennt man erst den wahren Horror.“
Ja, so ähnlich sagt das Kay, unser Chefskoutz auch immer. Das Spannende ist die Geschichte vor dem Kriminalfall, was aus einem Menschen ein Monster macht. Aber wir schweifen ab …
Um zur Frage zurückzukommen: Ja, das ist mein Motto, meine Philosophie, mit meinen Mitmenschen umzugehen. Zu hinterfragen, warum sie einen Standpunkt vertreten, zu verstehen, weshalb ihnen dieser so wichtig ist.
Dieses Hinterfragen finde ich auch ziemlich wichtig, ich versuche auch immer, das nachzuvollziehen und zu verstehen. Das ist nicht nur bei Straftaten wichtig, das hilft auch sehr im alltäglichen Umgang miteinander und ich würde mir sehr wünschen, dass das wieder „schicker“ würde.
Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?
Missionare.
Oh, was meinst du damit?
Das deckt sich auch mit der vorherigen Frage. Ich versuche immer hinter jede Kulisse zu schauen, meine Gegenüber zu verstehen und ihn nicht von meiner Meinung zu überzeugen. Eigentlich ist es fast schon falsch, zu sagen, ich würde keine missionaren Menschen mögen, denn auch sie haben ein Motiv, das es zu verstehen und respektieren gilt.
Ja, wenn du das so sagst, stimmt es. Wenn man selbst so beobachtend an seine Umwelt herangeht und erst einmal aufnimmt, was sich bietet, dann stehen natürlich Menschen, die so sicher sind, dass sie ihre Sicht anderen aufdrängen, sie missionieren, an so ziemlich der entgegengesetzten Seite der Skala.
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Lass uns aber mal über deine Bücher oder vielmehr dein Schreiben sprechen …
Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?
Ich bin nicht ganz sicher, ob ich diese Frage richtig verstehe. Ich versuche, sie zu beantworten, wenn die Antwort nicht passt, berichtigt mich bitte.
Alles klar, mache ich. Aber grundsätzlich ist jede Antwort richtig. Wir fragen ja so vertrackt, damit man was von unseren Gesprächspartnern erfährt.
Klischees sind ja eine Erwartungshaltung, eine Schublade, die jeder für sich gefüllt hat und dessen Inhalt man herauszieht, wenn man Ähnlichkeiten entdeckt. Im wahren Leben versuche ich, Menschen zu überraschen, ihnen zusätzliche Dinge zu zeigen, die sie im besten Fall in die Schublade legen.
Das klingt doch schon mal richtig gut, so eine Schublade will ja gefüllt werden. Bisher liegst du mit der Antwort genau auf Kurs. Und wie hältst du es beim Schreiben?
In meinen Büchern gehe ich ähnlich vor. Meine Figuren bestehen vielleicht anfangs aus dem Gewohnten, später wird jedoch klar, dass sie ein Leben haben, eine Vergangenheit, die sie so geformt hat. Und die Gründe, warum sie sich ändern, über sich hinauswachsen und kleine Nuancen ändern. Wie im echten Leben.
Da hast du absolut Recht! Und ich einen Grund, deine Bücher zu mögen. 🙂
In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?
Ich habe mich für das Thriller Genre entschieden, weil ich da am meisten Potential sehe, die Täter und alle Beteiligten, zu beleuchten, wie es mein Motto ist, nämlich auch das „grau“ zu erkennen. Die Sicht auf die Motive des Täters, aber auch die Sicht auf das Opfer und darauf, wie die Ermittler damit umgehen, ist für mich eine spannende Möglichkeit, all dies zu beleuchten.
Das kann ich mir gut vorstellen, wenn auch nur aus meiner Lesersicht. Ich mag es, Bücher zu lesen, in denen alle Aspekte beleuchtet werden und ich viele Informationen bekomme. Idealerweise klappe ich das Buch dann nicht nur gut unterhalten, sondern auch etwas wissender zu.
Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?
Zunächst von meiner Frau. Sie liest keine Thriller, weil die Inhalte ihr sehr zusetzen, aber wenn ich eine Idee habe und diese mit ihr bespreche, weiß ich, dass es ein spannendes Thema ist, wenn sie sich damit auseinandersetzt.
Ach das finde ich total gut, Kritiker, die das Werk dann gar nicht lesen, aber das Motiv prüfen. Bei eurer „Fachsimpelei“ wäre ich gerne mal dabei. Wie darf ich mir das vorstellen?
Meistens sprechen wir über den Täter und die Opfer und ihre Kritik hat mir sehr oft geholfen, ein Thema entsprechend zu beleuchten.
Hört sich super an! Ich wiederhole: Da wäre ich gern mal dabei.
Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?
Klingt gut. Sagt für mich nicht wirklich alles aus, was ein Buch für mich ist, aber dennoch ist er schön.
Das stimmt wohl.
Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?
Zunächst habe ich viele Bücher meiner Mom gelesen, irgendwann war darunter auch eines von Stephen King, Feuerkind – ziemlich abgegriffen, also hat Mom es auch öfter in der Hand gehabt – und ich war in einem Film, bei jeder Figur habe ich über die Schulter gesehen, habe ihre Gedanken gelesen, gespürt, was sie spürten, ihre Ängste geteilt. Es war unglaublich. Nicht, wie wenn ich einen Film angeschaut habe, es war intensiver, es hat mich reingezogen. Für viele Stunde hat mich dieses Buch von der Welt ausgegrenzt, ich war in meinem eigenen Film. Bislang hat es nur dieser Autor geschafft, mich so zu entführen und alles vergessen zu lassen.
WOW aber ich habe auch einige Bücher von Stephen Kind, die mich mehr als mitgenommen haben und die ich heute noch total präsent habe. Ganz toller Autor und zu Recht einer der ganz Großen! Und Feuerkind steht auch auf unserer Classic-Crime Liste.
Aber wenn wir schon bei unseren Büchern sind …
Wie sortierst du deine Buch-Regale?
Nach Erscheinen der Bücher, da bin ich eigen. Deko spielt für mich keine Rolle. Ohnehin habe ich nur Bücher von Stephen King, die in meinem Regal stehen „dürfen“.
Ach, das finde ich als King-Fan gut! Auch wenn das tatsächlich eine extreme Haltung ist. Wirklich nur King? Krass!
Lass uns noch über allgemeinere Themen sprechen …
Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?
Es beeinflusst in keiner Weise meine Arbeit oder wie ich meine Figuren handeln lasse. Immerhin sollen diese authentisch wirken, wie jemand, den man auf der Straße trifft oder als Nachbarn kennt.
Aber ist nicht gerade dann so ein aktuelles Thema auch etwas, was deine Protas als ganz normale Leute irgendwie beschäftigen sollte?
Ich finde, jeder von uns auf dieser Welt ist Mensch. Unsere Rasse ist Mensch. Welche Farbe, Nationalität, Religion, Ernährung, sexuelle Zugehörigkeit man hat, ist dabei völlig irrelevant.
Ganz genau! Und wie behandelst du das in deinen Büchern?
Wie eine Figur aus der Caspar-Reihe zu sagen pflegt: Würde man nicht ständig das Thema Rassismus thematisieren, würde es auch keinen geben. Würden Außerirdische unsere Welt bedrohen, würden wir als Nation gegen sie kämpfen.
Hm. Vielleicht fehlt uns sowas. Bismarck sagt ja auch, nichts eint so sehr, wie ein gemeinsamer Feind. Mir ist das auch bei Corona aufgefallen. Im ersten Schock, waren alle anderen Themen plötzlich egal und wir haben irgendwie gemeinsam versucht, das Geschehen zu verstehen. Hat leider nicht angehalten. Aber trotzdem stimme ich dir zu. Für mich sind wir auch einfach alle Menschen.
Lass uns noch über die Technik beim Schreiben sprechen:
Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?
Mit diesem Thema habe ich mich tatsächlich noch nicht auseinandergesetzt. Das liegt wohl daran, dass ich technisch gesehen eine Niete bin. Bei vielen Dingen wie Facebook zum Beispiel hilft mir meine Frau.
Hauptsache du kannst tolle Thriller schreiben, man muss nicht alles können.
Zum Abschluss aber doch noch schnell eine ganz andere Frage:
Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?
Frage? Hmmm … ich fand die Fragen sehr ausgeklügelt und ich würde mich tatsächlich überraschen lassen.
Oh, vielen Dank, wir bemühen uns auch jedes Jahr aufs neue.
Andrew es war ein richtig schönes Gespräch mit dir und wir möchten uns ganz herzlich bei dir bedanken! Der Tee war übrigens wirklich sehr sehr lecker und wir haben es hier auf deinem Balkon sehr genossen. Und für unseren nächsten Besuch tüfteln wir wieder spannende Fragen aus. Versprochen! Jetzt erst mal viel Erfolg beim Skoutz-Award.
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Hier gibt es mehr über Andrew Holland:
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Skoutz Lesetipp:
Du hast die Wahl: Thriller (Violent-Crime-Unit 4) von Andrew Holland
Ein Blizzard legt Washington D.C. lahm, doch das ist erst der Anfang. Eine junge Frau wird tot aufgefunden, ihr Körper übersäht von Messerstichen und ihr Mund vernäht. Die Ermittler stehen vor einem Rätsel, denn am Tatort finden sie eine Botschaft mit den Worten Du hast die Wahl.
Vincent Callum und sein Team werden hinzugezogen, um den Killer zu fassen, und schon bald erkennen sie, dass der Täter einen perfiden Plan verfolgt, der über seine Morde hinausgeht.
Während die Ermittlungen voranschreiten, stoßen sie auf weitere Opfer, die gefangen gehalten und gefoltert wurden, bevor ihr Martyrium mit dem Tod endete. Doch der Killer ist lange nicht am Ende und als noch eine Leiche gefunden wird, ist klar, dass junge Frauen in großer Gefahr sind und sie alle die Wahl haben – zwischen Leben und Tod.
Skoutz meint: Puh! Die Reihe hat es wirklich in sich. Wie schon in den Vorgänger-Bänden wird Vincent Callum mit einem ebenso verstörenden wie zunächst rätselhaften Fall konfrontiert. Nach und nach kommen Details ans Licht, die den Täter greifbar machen, beim Lesen ein Gefühl vom Ausmaß der Geschichte hinter diesen Gräueltaten vermitteln, dem man sich nicht entziehen kann. Andrew Holland schreibt mitreißend, durchgängig spannend und immer wieder wendungsreich ohne unlogisch zu werden. Nichts für schwache Nerven, aber handwerklich wie auch von der Geschichte her absolut lesenswert (kn)
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Hinweis:
Andrew Holland steht mit seinem Buch „Er war immer so nett“, dem 3. Band aus der Violent-Crime-Unit-Reihe, auf der Midlist Crime des Skoutz-Awards von Vorjahres-Finalist Marcel Riepegerste.
Damit hat er natürlich allerbeste Chancen auf den Crime-Skoutz. Wir haben das Buch gelesen und euch hier auch schon vorgestellt.
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Und wenn ihr uns, dem Autor und vielen anderen Lesern einen Gefallen tun wollt, rezensiert die Bücher doch anschließend bei unserer Skoutz-Buchsuche. Mit 5 Klicks statt 5 Sternen entsteht eine Buchbeschreibung, die anderen hilft, das für sie richtige Buch zu finden. Also sei dabei!