Ingeborg-Bachmann-Preis 2018
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Der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis wird seit 1977 jedes Jahr in Gedenken an die großartige österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann in Klagenfurt während den „Tagen der deutschsprachigen Literatur“ verliehen. Er gilt als einer der wichtigsten literarischen Preise für deutsche Literatur.
Um was geht es beim Ingeborg-Bachmann-Preis?
Das Konzept ist sehr schön und geeignet, die sogenannte „hohe Literatur“ auch einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Bei einem dreitägigen Lesemarathon treten 14 vorausgewählte Bewerber nacheinander an. Sie tragen etwa 25 Minuten lang bislang unveröffentlichte Prosatexte oder Ausschnitte vor. Es gilt dabei, das Publikum und die Fach-Jury zu überzeugen. Mit diesem System werden nicht nur die Preisträger des Ingeborg-Bachmann-Preises gekürt. Darüber hinaus werden auch andere Preisträger ermittelt, die von anderen Sponsoren gestiftet werden.
Der Wettbewerb, dem böse Zungen Castingshow-Charakter vorwerfen, gedenkt eines Diskussionsrituals der Gruppe 47, der eben auch Ingeborg Bachmann angehörte:
Einer trägt seinen Text vor, danach dürfen alle anderen den Text be- oder auch verurteilen. Ingeborg Bachmanns Karriere begann übrigens tatsächlich 1953 mit einer Lesung in der Gruppe 47 ihre Karriere als Schriftstellerin.
Wer hat den Ingeborg-Bachmann-Preis 2018 gewonnen?
Den Ingeborg-Bachmann-Preis 2018 hat die in Wien lebende Autorin Tanja Maljartschuk gewonnen. Vielleicht kennt der eine oder andere die gebürtige Ukrainierin bereits für ihre Texte aus der Zeit Online.
Frösche im Meer ist die Geschichte der eher zufälligen Begegnung einer alten dementen Frau und einem Migranten ohne Pass und Papiere. Anrührend schildert sie den Kummer einer einsamen Alten, deren Familie sich nicht für sie interessiert. Zugleich aber behandelt die Suche nach einem Platz für die Frösche, die nur im Kopf der Dame existieren, eben auch moderne Probleme. Die Sorgen einer zunehmend sozial ungleichen, ghettoisierten, gefühlskalten und fremdenfeindlichen Gesellschaft.
Der deutsche Schriftsteller und Kabarettist Bov Bjerg wurde sodann als Zweitplatzierter mit dem Deutschlandfunk-Preis ausgezeichnet. In seinem Text Serpentinen beschreibt er temporeich und gut beobachtet Episoden aus dem Leben eines Vaters und dessen siebenjährigen Sohnes. Bov Bjerg dürfte den Skoutz-Leser bereits bekannt sein, denn er war mit seinem Buch „Auerhaus“ auf der Midlist 2016 des Contemporary-Skoutz von Jannis Plastargis.
Özlem Özgül Dündar erhielt dann für ihren Mütter-Text „und ich brenne“, den dritten Platz. Es handelt sich dabei um einen experimentellen Text, der beim Lesen mehr verlangt als beim vorgelesen bekommen. Mit lyrischen Mitteln, nur in Kleinschreibung und ohne Satzzeichen (!) wird hier vielstimmig von den Folgen eines Brandanschlags erzählt.
Den vierten Platz gewann Joshua Groß mit seinem für eine solche Veranstaltung ungewöhnlich belletristischen Twen-Drama Flexen in Miami. Der Ich-Erzähler lernt eine junge Meeresbiologin bei einem Basketballspiel in Miami kennen, dann noch eine Frau auf einer Party und Shaquille O’ Neal sowie diverse Doubles. Es geht um Musik von Destiny’s Child und Justin Timberlake, um Social Media und andere Drogen und endet mit einem Borchert-Zitat:
„Wir sind selbst zuviel Dissonanz“.