Hirnweh – sarkastische Gesellschaftskritik von Lea Hermann
Unsere Finalistin des Vorjahres, Annemarie Bruhns hat sich die Longlist Contemporary vorgenommen, über 300 Geschichten gesichtet und ihre Midlist präsentiert. Eines dieser Bücher ist Hirnweh, ein sarkastisch geschriebener Roman über die Reha von Lea Hermann, veröffentlicht über den Morisken Verlag im November 2022.
Man merkt die großen Themen unserer Gesellschaft auch daran, wie sich die Buchwelt Jahr für Jahr verändert. Eins bleibt aber immer gleich: Mit viel Herzblut geschriebene Geschichten über die Themen unserer Zeit und diese finden sich in der Midlist Contemporary wieder.
Lea Hermann hat mit „Hirnweh“ einen Nerv getroffen und mit einem herrlich unvoreingenommenen Blick auf den Rehabetrieb und der traurigen Tatsache, dass es Jeden jederzeit treffen kann, Jury und Publikum so beeindruckt, dass sie sich gegen eine wahnsinnig starke Konkurrenz durchsetzen und den Contemporary Skoutz 2023 für sich entscheiden konnte!
Hirnweh – sarkastisches Gesellschaftsportrait von Lea Hermann
Eine beeindruckende Geschichte, ein wichtiges Thema, sehr gekonnt und erfrischend sarkastisch erzählt.
Um was geht es in der Geschichte?
Herrlich sarkastisch erzählt ›Hirnweh‹ von der 22-jährigen Hanna, die nach einer schweren Gehirnentzündung zur Reha muss.
Statt aufregendem Studentenleben erwartet sie nun ein sonderbarer Alltag mit Quarkwickeln, Igelbällen und futterneidischen Rentnern am Buffet. Monotonie beherrscht die Klinik, deren Inneneinrichtung so farb- und geschmacklos ist wie der samstägliche Eintopf. Und während das Leben zuhause ganz normal weiterläuft, wird die junge Frau von Zukunftsängsten geplagt und fühlt sich abgehängt. So muss sie neben den körperlichen auch mit den psychischen Folgen ihrer Krankheit umgehen lernen.
Lea Hermann schreibt detailliert und aus eigener Erfahrung über die Parallelwelt Reha-Klinik. Dabei nimmt sie sich ernster Themen mit trockenem Humor an. Die introspektiven Gedankenstrudel der Protagonistin entwickeln mächtige Sogwirkung und füllen diesen Entwicklungsroman mit viel Leben.
Wie hat uns Hirnweh gefallen?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie es sich in der Reha-Mühle anfühlt. Und auch, wie oft, man eigentlich danach eine Reha von der Reha braucht. Weil man zwischen Kostendruck und Personalmangel, zwischen Vereinheitlichung und Individualisierung aufgerieben wird, während doch das Leben draußen weitergeht und auch nicht wartet. Dass Lea das an einer Studentin schildert, die in einer Rentnergruppe landet, wirft Fragen auf, und bietet Antworten, die weit über den Generationenkonflikt hinausgehen. Ich mochte das Buch sehr, weil es wichtige Einblicke gewährt, aber die schwere Kost leicht verdaulich anrichtet. (kn)
Jury-Mitglied Annemarie Bruhns meint: Hanna ist gezwungen, ihr Studentenleben zu pausieren und stattdessen in einer mehrwöchigen Reha ihre schwere Krankheit zu kurieren. Sie ist allein mit ihren Ängsten und Zweifeln zwischen dem älteren Publikum und dem Unverständnis gegenüber der eigenen Welt. Der Roman schafft es den Reha-Alltag und die traurige Realität der Krankheit mit Humor und Sarkasmus zu bezwingen und verliert dabei nicht an Leichtigkeit.
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Wem verdanken wir das Buch?
Lea Hermann, Jahrgang 1990, wuchs in Neuburg an der Donau auf. Weil sie schon immer gern gelesen hat, absolvierte sie nach der Schule eine Ausbildung in einer Stadtbücherei. Dort lernte sie nicht nur katalogisieren, sondern auch viel über Literatur. Anschließend wollte sie dann doch lieber selbst schreiben und studierte Journalismus mit Schwerpunkt Kultur. Heute lebt und schreibt Lea Hermann in München. „Hirnweh“ ist ihr erster Roman.
Lea Hermann hat uns eingeladen und wir durften sie besuchen. Wir hatten ein total interessantes und spannendes Interview mit ihr über ihre Lebensmottos, die sie irgendwie mischt, über Klischees und weitere Themen, die bei Buchmenschen aktuell sind. Das Interview könnt ihr hier lesen. (weiterlesen)
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