Besser schreiben mit der Glücksklee-Kontrolle

Die Glücksklee-Kontrolle für bessere Texte

Die Glücksklee-Kontrolle ist eine einfache Technik, um die voraussichtliche Wirkung eines Textes auf sein Publikum zu überprüfen. Sie hilft beim Schreiben, beim Lektorieren und auch beim Lesen und anschließendem Rezensieren oder Beschreiben für den Blog oder in der Schule.

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Die Glücksklee-Kontrolle in Kürze

Die vier Elemente einer Geschichte sind

Plot oder Handlung
Figuren
Sprache und Stil
Textlänge

Wenn sie alle harmonisch zueinander passen, stehen die Chancen sehr gut, dass ihr einen guten Text habt, der seine Leser begeistern wird. Umgekehrt, könnt ihr, wenn ihr diese Elemente ansprecht, jede denkbare Geschichte umfassend und nachvollziehbar beschreiben.

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Die Glücksklee-Kontrolle ausführlich

Beim Schreiben und Überarbeiten ist es unerlässlich, dass ihr versteht, wie diese Elemente zusammenhängen, wie das eine das andere beeinflusst, wo die Schnittstellen sitzen und was das Publikum erwartet …

Plot oder Handlung

Der Begriff „Plot“ ist oft nicht ganz klar umrissen. Er ist vor allem mit Handlung nicht exakt beschrieben, weil speziell in Schreibforen, sehr viel Aufbau und Technik diskutiert wird, also Formalia. Auch wir haben dazu hier schon viel (aber noch immer nicht alles) geschrieben. Gleichzeitig verwendet man Plot aber auch, wenn man die Grundaussage meint, die Prämisse oder Botschaft. Egal – bei der ersten Station der Glücksklee-Kontrolle geht es wirklich um die Handlung, um das, was im Buch passiert und auch warum. Wo die inneren und äußeren Konflikte liegen. Wie sich die Heldin fühlt (innerer Konflikt), wenn sie sieht, wie ihr Ex-Freund von einem Bettler bestohlen wird (äußerer Konflikt).

Die notwendigen Fragen hier sind immer die nach Glaubwürdigkeit und der Originalität. Davon hängt das Interesse des Lesers und damit auch die Spannung ab.

Beim Schreiben finden wir natürlich unsere Geschichte spannend, sonst würden wir sie ja nicht aufschreiben, aber überprüft euch, ob das, was ihr schreibt, eine Frage aufwirft, deren Antwort in der Geschichte liegt. Ob der Rahmen (Zeit, Ort, Nebengeschehen) dieser Antwort dient.

Ideal ist es, wenn man eine Frage, die man sich so selbst auch stellt, in einer neuen Verpackung präsentiert bekommt. Fragen, die man nachvollziehen kann, sind in Bezug auf die Antwort viel interessanter, als akademische Gedankenspiele. Das ist auch ein Grund, warum man in Klappentexte so gerne provokante Fragen stellt. „Wie weit würdest du für deine Liebe gehen?“ Aber auch, wenn die Frage nicht so klar gefasst wird – jede gute Geschichte stellt ihre Figuren vor Entscheidungen (Konflikte), deren Lösung beim Lesen packt, mitreißt und uns emotional wie gedanklich einfängt.

Wann haben wir das Element gut bedient? Wenn man beim Lesen in die Geschichte gezogen wird. „Ich musste unbedingt wissen, wie es weitergeht“ oder „Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen“ – Das sind Prädikate für eine großartige Geschichte.

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Die Figuren

Je nachdem, wo man den Schwerpunkt setzt, gibt es plot- oder figurengetriebene Geschichten. Idealerweise ergänzen sich die Handlung und die Charakterentwicklung gegenseitig. Doch ich würde sagen, eine wirklich gute Geschichte wird es erst dann, wenn die Figuren sich entwickeln, wenn die Handlung also Wirkung zeigt.  Das ist immer wieder auch mal Thema eigener Beiträge in der Schreibstube.

Was aber macht gute Figuren aus?

  • Dass sie glaubwürdig und logisch entworfen sind,
  • in ihrem Gesamteindruck der Genreerwartung und damit dem Lesegeschmack entsprechen (oder bewusst mit ihm brechen, aber das ist dann schon Pro-Level)
  • eine Vita haben, mit der man ihre Handlungen im weiteren Verlauf der Geschichte begründen kann,
  • auf eine interessante (Konflikt?) und unterhaltsame Weise miteinander agieren und
  • eine Entwicklung durchmachen, die man lesend nachvollziehen und miterleben kann

Ob sie sympathisch sind oder nicht, ist dagegen nebensächlich. Eine gute Geschichte funktioniert auch, wenn man die Figur nicht mag. Die Identifikation mit der (Haupt-)Figur ist daher nur optional. Oftmals ist es sogar hinderlich, weil dadurch automatisch der Fokus zu stark auf eine Figur gelenkt wird

Die Nebenfiguren sind nämlich tatsächlich oftmals das Salz in der Suppe. Don Quijote würde ohne Sancho Pansa nicht funktionieren und im Herrn der Ringe könnte Frodo allein die Handlung nicht transportieren. Gute, glaubwürdige und plastische Nebenfiguren sind mindestens genauso wichtig wie Held und Heldin.

Doch aufgepasst – um das Gleichgewicht der Handlung zu halten, den Plot dynamisch zu gestalten und damit alles schön spannend bleibt, haben wir speziell für die Nebenfiguren nur sehr wenig Raum für Details und Tiefe im Text. Die kleinen Gesten, die sie zum Leben erwecken, müssen daher wohlplatziert und gut überlegt sein.

Gut geglückt ist es, wenn in den Rezensionen dann Sätze auftauchen, die eine Interaktion zwischen Leser und Figur zeigen: „Ich hätte ihn mehrfach am Liebsten erwürgt!“, „Ich habe so mit ihnen gelitten, gelacht und mich am Ende so gefreut!“, „Ich wäre so gerne wie sie!“

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Sprache und Stil

Handlung und Figuren sind trotz aller handwerklichen Anforderungen ja doch in erster Linie Kreativarbeit, Ausfluss unserer Phantasie. Damit das, was wir uns in 3D und Farbe in unseren Köpfen ausmalen über das Buch in die Köpfe unseres Publikums projiziert wird, braucht es aber Handwerk. Sprachliche Mittel, einen guten Schreibstil.

Effizienz und Wortgewalt müssen sich dabei entgegen landläufiger Meinung nicht ausschließen. Es kommt immer darauf an, was gewollt und erwartet wird.

Mit anderen Worten: passt die Sprache zur Handlung? Eine Kampfszene, die schnell und dramatisch ist, wird durch elegische Betrachtungen von Landschaft und Figuren eher geschwächt, weil der Leser ungeduldig wird. Er will ja wissen, wie es weiter geht. „Komm zum Punkt!“ Ganz anders hingegen, wenn die Heldin auf etwas wartet und nachdenklich aus dem Fenster schaut. Sprache bedingt das Lesetempo, man kann also dadurch das Lesen dirigieren und sollte es auch tun.

Daneben sind natürlich allgemeine Schreibregeln zu beachten, wenn auch nicht immer sklavisch zu befolgen. Ich bin kein Freund davon, in einem Text das statistische Verhältnis von Adjektiven zu anderen Worten zu ermitteln, um zu beurteilen, ob der Text an „Adjektivitis“ leidet. Regeln sind dazu da, dass man nachdenkt, bevor man sie bricht, denn das sollte immer bewusst und in Kenntnis der damit verbundenen Nachteile sein. Gerade, weil sie unter Umständen durch die bezweckten Effekte aufgewogen werden können. Das sind Überlegungen, die hinter den Kulissen stattfinden. Beim Genusslesen (also ohne Lektoratsauftrag oder handwerkliches Interesse) wird so etwas immer nur auffallen, wenn es falsch gemacht wurde.

Ohne unseren Artikeln zu Schreistil, Sprache und Handwerk allgemein vorzugreifen sind folgende Punkte aber bei jedem Text einen Blick in der Überarbeitung wert:

  • Adjektivitis (sind die eingefügten Adjektive wirklich erforderlich oder könnten sie nicht durch bildhafte Verben ersetzt werden – statt sagte leise etwa flüsterte oder raunte)
  • Füllwörter (die beliebten „dann“, „doch“, „sehr“, „ziemlich“, „eben“ …)
  • Show don’t tell (also keine Hinweise, wo eine Beschreibung besser wirkt)
  • Keine unnötigen Klischees

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Textlänge

Wie lang ist das Buch? Die Länge sollte dem Genre und der Geschichte angemessen sein.

Aus sehr verschiedenen Gründen neigen die meisten (nicht alle!) beim Schreiben dazu, zu viel zu schreiben. Die Erfahrungen aus unserem Lektorat zeigen, dass Kürzungen einen Text fast immer besser machen. Stephen King empfiehlt als Faustregel, in der Überarbeitung 10% zu kürzen. Hemingway sagte einmal, er würde bei seinen Büchern die ersten fünfzig Seiten auf fünf zusammenkürzen.

Was nicht heißt, dass einzelne Szenen nicht trotzdem zu schnell abgehandelt worden sein können. Hier sehen wir im Lektorat oft, dass man beim Schreiben ein Bild vor Augen hat, das man als gegeben voraussetzt und übersieht, dass der Leser erst abgeholt werden muss.

Man muss also im Prinzip zweimal die Länge prüfen. Einmal, um zu kürzen, was geht, und dann nochmal, um punktuell wieder aufzufüllen.

In jedem Fall sollte die Länge der Geschichte angemessen sein. Mir fällt das auch bei den modernen TV-Serien auf, die mir oftmals zu sehr um die Nebenhandlung herumschleichen, oft den Hauptplot fast ganz aus den Augen verlieren. So habe ich weniger beim Anschauen selbst, als vielmehr im Nachgang dann oft das Gefühl, dass man nicht so recht weiß, um was es jetzt ging. Dieses „Immer weiter“-Erzählen ist schon beim Bingen doof, aber im Buch tödlich. Eine gute Geschichte muss auch ein Ende finden und vom Anfang ausgehend bis zu diesem Punkt einen schönen Erzählbogen spannen.

Für Nikolas Sparks sind zu lange Bücher ein Zeichen von Faulheit und Arroganz des Autors, dem sein Publikum egal ist.

Es ist tatsächlich viel schwieriger, die Persönlichkeit eines Charakters in einem einzigen, originellen Absatz vollständig zu erfassen, als dies auf einer Seite zu tun. Aber Effizienz ist eines der Merkmale von Qualitätsschriftstellern.

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Fazit

Versucht beim Schreiben diese vier Elemente bewusst in eure Planung einzubauen. Wir haben das Glücksklee-Kontrolle genannt, weil das Glück (ein gutes Buch) so greifbar wird.

Prüft beim Überarbeiten jedes dieser Elemente gesondert und kritisch.

Und wenn ihr nach dem Lesen über ein Buch schreibt, sind diese vier Elemente jene, die eine Rezension oder Zusammenfassung nachvollziehbar machen.

Da es zu jedem dieser Elemente noch sehr viel mehr zu sagen gibt, werden wir in nächster Zeit verstärkt zu diesen Themen Hilfestellungen, Tipps, Tricks und Gedankenspiele anbieten.

 

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