Zu Besuch bei Christin von Giessel Design
Heute sind der Skoutz-Kautz und Heike unterwegs um Christin von Giessel Design zu besuchen. Ihr Buchcover „Nebelmann“ wurde von unserer Jurorin Laura Newman auf die Midlist Buchcover gewählt. Für uns ein schöner Grund, sie zu besuchen und ein wenig mit ihr zu plaudern.
Wir haben einige Fragen im Gepäck und sind schon ganz gespannt, was sie uns zu berichten hat. Weil wir verhältnismäßig selten mit Designern sprechen, ist der kleine Skoutz-Kauz mal wieder furchtbar hibbelig, aber das sind wir ja schon gewohnt.
Zu Besuch bei Christin von Giessel Design, die gerne singt
Hallo liebe Christin, wir freuen uns, dass wir dich heute besuchen dürfen. Wir sind sehr neugierig auf dich und deine Antworten. Es ist für uns besonders spannend, einen Blick hinter die Kulissen zu wagen. Etwa über das Designen von Buchcovern und was damit alles zusammenhängt.
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Wenn du ein Tier wärst, wärst du ein …?
Ich wäre ein Fuchs
Buchmenschen scheinen eine Affinität zu Füchsen zu haben, denn das hören wir öfter. Was fasziniert dich genau?
Weil ich seit einigen Jahren viel mit diesem Tier verbinde. Begonnen hat das mit einem meiner Bücher – ich bin nämlich nicht nur Grafikdesignerin, sondern auch Autorin.
Oh, das ist ein guter Grund, der neugierig macht. Außerdem reden wir immer gern über Bücher! Erzähl doch mal über deins:
In dieser Geschichte spielt dieses Tier eine zentrale Rolle und steht für mich seitdem für Verbundenheit, Liebe und Freundschaft. Deshalb nenne ich auch meine Leserinnern und Leser liebevoll Füchse, mit denen ich auch unsere Fuchscrew gebildet habe und die mich wirklich auf ganz wundervolle Art unterstützen, motivieren und inspirieren.
Und eure Gruppe ist dann der Fuchsbau? Das ist ja nett!
Womit kann man dich im Alltag glücklich machen?
Mit kleinen Aufmerksamkeiten.
Die sind so viel wert! Und werden vielleicht deshalb so oft in ihrer Wirkung unterschätzt. Was genau stellst du dir dabei vor?
Damit meine ich allerdings keine materiellen Dinge, sondern eher sowas wie eine liebe Nachricht.
Ja, damit kann man ganz schnell jemandem ein richtig gutes Gefühl geben.
Außerdem macht es mich auch immer glücklich, wenn ich andere glücklich machen kann. Deshalb mag ich meinen Beruf auch so sehr. Ich habe nicht nur Spaß an der Gestaltung, sondern auch an der Freude, die ich den Autorinnen und Autoren beziehungsweise den Leserinnen und Lesern damit bereite.
Wir haben mit Julia Hoch schon über die lächelnde Revolution philosophiert, bei der wir einfach die Welt verbessern, indem wir Menschen zum Lächeln bringen. Das könnte dir auch gefallen.
Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?
Für mich selbst wünsche ich mir eigentlich nur ein gesundes Leben und das ich weiterhin das Glück habe, meine Zeit mit Menschen zu verbringen, die ich liebe und mit Dingen, die mir Spaß machen. Dafür konzentriere ich mich auf alles was mir guttut, gehe negativen Menschen aus dem Weg und höre auf mein Bauchgefühl.
Das ist ein guter Plan, wenn er sich denn auch so umsetzen lässt! Es gibt gerade in diesen Tagen immer mehr Dinge, die man nicht braucht und die einem nicht gut tun. Da fällt das vielen schwer. Und so im Großen?
Für die Welt würde ich mir wünschen, dass wir wieder mehr Respekt aufbringen – füreinander und für die Natur. Ich versuche meinen Teil dazu beizutragen, in dem ich mich bemühe immer freundlich, interessiert und rücksichtsvoll zu sein.
Respekt fehlt manchmal echt. Das wäre vielleicht noch wichtiger als ein Lächeln. Und Demut dergestalt, dass wir aufhören, alle zu glauben, wir selbst wären der Nabel der Welt. So wie wir etwas sehen und das, was wir wichtig finden, muss nicht unbedingt für andere, geschweige denn allgemein gelten! Dazu gehört auch, dass man sich mit neuen, vielleicht auch unbequemen Aspekten befasst.
Darum setze ich mich auch mit Themen auseinander, die mich aus meinen Komfortzonen herausholen. Diese finden sich daher auch in meinen Büchern, mit denen ich neben der Unterhaltung auch immer zum Nachdenken anregen möchte.
Ja, man braucht manchmal einfach einen Tick, um sich mehr Gedanken zu machen. Dafür sind Bücher natürlich hervorragend geeignet, weil man beim „dem Prota über die Schulter schauen“ ganz beiläufig völlig neue Sichtweisen sehr intensiv erleben kann.
Da sind wir schon beim Thema Bücher:
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Welches Buch hat dich am meisten geprägt?
„Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende.
Eine wirklich tolle Geschichte, finde ich auch! Erzähl doch mal, warum.
Ich finde es wundervoll, wenn man wichtige Themen in unterhaltsamen Geschichten verpackt und mit seinen Worten malt. Daher versuche ich bei der Arbeit an einem Cover auch nie bloß dessen Inhalt zu verbildlichen, sondern die Stimmung einzufangen. Wirklich gute Kunst weckt Emotionen und begleitet einen auch nach dem lesen, anschauen, hören etc.
Da hast du recht, wenn Kunst – gleich welche! – nachwirkt, ist das immer ein besonderes Erlebnis für das Publikum. Und Bücher, die mir dieses Echo schenkten, sind mir immer besonders wertvoll.
Aber bleiben wir kurz bei Vorbildern …
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Mit welchem bekannten Künstler wirst du so gar nicht warm? Und wessen Arbeit hätte deiner Meinung nach mehr Fans verdient und warum?
Die erste Frage kann und möchte ich gar nicht beantworten, weil ich mir nicht anmaße die Arbeit von anderen Menschen zu beurteilen.
Dann verstehst du die Frage anders als wir. Uns ging es um die Emotion. Unsere Chefredakteurin Kay kann zum Beispiel Thomas Mann nicht leiden. Sie bewundert sein Handwerk, seine Sprachgewalt, aber sie wird nicht warm. Und das sagt mehr über sie als über Thomas Mann. Das ist ja das, was „Vorbild“ besagt.
Selbst wenn mir etwas nicht gefällt, respektiere ich die Zeit, Mühe und den Mut, die für das Ergebnis aufgebracht wurden. Aus diesem Grund behalte ich meine persönliche Meinung lieber für mich.
Das ist natürlich dein gutes Recht. Keine Frage. Und anders herum?
Was tolle Künstlerinnen und Künstler angeht, könnte ich sehr viele aufzählen, möchte aber auch hier niemanden bevorzugen oder womöglich vergessen.
Es spricht ja nichts dagegen, so etwas abstrakt zu formulieren.
Was ich in jedem Fall bewundere, sind Menschen, die ihre Leidenschaft gefunden haben und denen es bei allem was sie tun, um ihre Kunst geht. Ich finde, dass man diese tiefe Liebe spürt und von solchen Werken auf besondere Weise berührt wird.
Was uns, gaaaanz zufällig, auch zu dir bringt:
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Wie bist du zum Coverdesign gekommen?
Das war eher Zufall.
Ach? Erzähl!
Ich wurde 2014 von einer Verlegerin gefragt, ob ich ab und zu für sie Cover gestalten möchte, weil sie meine Grafiken mochte und dachte, dass ich die Richtige dafür sei. Durch meine nebenberufliche Tätigkeit als Autorin wusste ich bereits einiges über den Buchmarkt und konnte das in meine Arbeit als Coverdesignerin einfließen lassen. Aber ohne ihren Anstoß, hätte ich diesen Weg womöglich gar nicht eingeschlagen.
Wunderbar, dann war das vielleicht Schicksal! Danke an die Verlegerin und ihre gut getimte Frage!
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Coverdesign ist ja mehr als normales Verpackungsdesign. Wie wichtig ist es dir, die Geschichte, die hinter deinem Cover steht, zu kennen? Wie stimmst du dich auf das Buch ein?
Mir geht es nie nur um den Inhalt, sondern auch darum, was der Autor bzw. die Autorin mag und vor allem um die Stimmung der Geschichte.
Das hast du vorhin schon mal erwähnt. Jetzt muss ich doch nachfragen. Wie setzt du das um? Liest du jedes Buch, bevor du das Cover machst?
Ich verschicke zu Beginn daher immer einen Fragebogen, der mir bereits die Antworten liefert, die ich für meine Arbeit brauche. Außerdem orientiere ich mich am Genre und dem Buchmarkt, weil mir wichtig ist, dass das Cover seine Zielgruppe anspricht und dem Buch die nötige Aufmerksamkeit bringt.
Damit wirst du sozusagen das Bindeglied zwischen der Geschichte und den künftigen Fans. Das ist bestimmt ein tolles Gefühl, denke ich.
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Welche Design-Aufgaben fallen dir besonders schwer und wie meisterst du sie trotzdem?
Was mir besonders schwerfällt sind zu detaillierte Vorstellungen und Vorgaben, weil das meine Kreativität einschränkt und das Ergebnis beeinflusst.
Das habe ich schon gehört von anderen Designern. Aber auch von Autoren, wenn der Verlag nicht nur die Idee, sondern mehr oder minder schon das Exposé vorgibt. Offenbar muss Kunst frei sein. Und wie gehst du damit um?
Ich löse das aber, indem ich mögliche Probleme offen kommuniziere, die Hintergründe erkläre und um das nötige Vertrauen bitte.
Vertrauen ist ein gutes Stichwort!
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Was ist dir bei deinen Designs am wichtigsten, worauf achtest du besonders?
Für mich muss ein Cover Tiefe haben.
OK, ich nehme an, du meinst jetzt nicht räumliche Tiefe? Kannst du das näher beschreiben?
Das ist etwas, das ich auch nicht so leicht erklären kann, weil ich damit ein emotionales Empfinden meine. Es muss etwas im Betrachter auslösen. Ich konzentriere mich bei meiner Arbeit daher sehr intensiv darauf, dieses Ziel zu erreichen.
Ist das nicht sehr schwer, dich in eine unbekannte Masse hineinzuversetzen, die das Buch irgendwann in allen möglichen Situationen – im Laden, im Internet, in der Bibliothek, am Bahnhof anschauen werden, und deren Gefühle zu erahnen? Respekt! Das ist … Covermagie.
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Es heißt, jeder Künstler muss ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist dein Schuss „Wahnsinn“?
Davon habe ich auch eine Portion abbekommen. 😊
Ha! Und? Jetzt bin ich neugierig!
Ich bin nämlich sehr perfektionistisch, was die kreative Arbeit nicht leicht macht. Außerdem vergesse ich privat so ziemlich alles, kann mir beruflich aber komischerweise jeden Termin merken.
Oha, das finde ich ja interessant. Aber besser, du vergisst keine beruflichen Termine.
Und ich singe sehr viel.
Oh ja – Singen macht totalen Spaß! In der Badewanne, im Auto, beim Arbeiten. Meine Kollegin Ela hat mal gepostet, dass Singen, die Seele zum Schwingen bringt. Dann hilft das sicher auch Emotionen herauszuarbeiten.
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Wie lange (in Zeit und Versionen) brauchst du bis zum fertigen Cover?
Das ist sehr unterschiedlich, weil jeder Auftrag individuell ist.
Gewiss. Wirken sich die Unterschiede eher von der kreativen Seite oder von der technisch-handwerklichen Seite aus?
Schon verschiedene Formate wie Hardcover oder einem Taschenbuch mit und ohne Klappen, Veredelungen usw. benötigen andere Arbeitsschritte und daher auch mit jeder zusätzlichen Leistung mehr Zeit. Eine pauschale Zeitangabe kann ich daher nicht machen.
Also schon von der technischen Seite her. Ich verstehe. Und was frisst sonst deine Arbeitszeit?
Änderungsrunden. Manchmal hat man Glück und der erste Entwurf ist ein Volltreffer oder man muss eben noch ein paar Dinge anpassen. Ich plane mir entsprechend des Auftrags aber immer genug Zeit für die Arbeit an den Covern ein, um Abgabetermine einhalten zu können und die nötige Ruhe für eine saubere Gestaltung zu haben.
Klingt gut. Und bei der wievielten Runde überlegst du das erste Mal, deine Auftraggeber mit ihrem Cover zu erschlagen? Oder ist deine Geduld unerschöpflich? *Lach* Nein, du musst nicht antworten! Sonst zählt noch jemand nach und ist dann beleidigt.
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Was würdest du noch gerne lernen und wozu?
Ich habe früher viel gezeichnet und es dann aufgegeben, weil ich mich mehr auf die Bildbearbeitung konzentriert habe. Es wäre schön, wenn ich die Zeit finden würde, mich darin wieder zu verbessern, um Cover zukünftig auch komplett illustrieren zu können.
Ich finde Zeichnen total schön und entspannend, leider bin ich da nicht wirklich talentiert. Aber ich mag es sehr! Aber wenn man das Auge hat und ein gewisses Grundgefühl – ist es dann wirklich noch so viel Lernen und nicht viel eher Üben? Ich würde mich jedenfalls sehr über ein von dir durchillustriertes Buch freuen. Ich denke, das, was du Tiefe nennst, kannst du zeichnend noch ganz anders erfassen!
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Welcher Moment im Leben hat dich besonders geprägt?
Ich habe im Alter von 29 die Diagnose Krebs bekommen und musste dann zwei große Bauchoperationen und eine Chemotherapie machen. Mich hat vor allem der Moment geprägt, als man mir sagte, dass ich wieder vollkommen gesund werden würde.
Oh Mann, ja, das kann ich mehr als gut verstehen!
Ich habe dadurch viel über mich und das Leben gelernt und sehe die Welt seitdem mit anderen Augen. Ich bin auf alle Fälle sehr viel dankbarer, schätze kleine Momente und bin mir bewusster darüber, wie kostbar Zeit ist.
Ich hatte privat auch schon viel mit Krankheit zu tun und wenn diese Sorge von einem genommen wird, fühlt man sich so derart lebendig. Und danach hat man einen anderen Blick. Ich wünsche dir, dass du dir den bewahren kannst.
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Was sollen deine letzten Worte sein?
Danke.
Das wäre schön.
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Und womit soll dieses Interview enden?
Ebenfalls mit einem Danke, weil das Interesse an meiner Person und Arbeit für mich nicht selbstverständlich ist. 😊
Also vielen Dank für die schönen Fragen und auch an alle, die sich Zeit genommen haben, das Interview zu lesen.
Liebe Christin, wir haben zu danken! Für das schöne und intensive Gespräch und die schöne Zeit, die du uns damit beschert hast. Ich bin sicher, dass viele Skoutze dieses Interview lieben werden!
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Mehr über Giessel Design und Christin erfahrt ihr hier:
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Weitere Arbeiten von Christin:
Wir haben Christin auch noch einer Referenz-Arbeit gefragt und sie hat uns 2 Cover geschickt.
„Ich mache nicht nur Cover, sondern auch Farbschnitte für Sonderausgaben deshalb füge ich mal ein Cover und die Sonderausgabe von Blood and Ash ein, die ich für Chest of Fandoms gestalten durfte und die sehr beliebt war.“
Hinweis:
Und hier ist das Cover, mit dem Christin auf der Midlist steht und dann den Skoutz-Award Buchcover 2022 auch gewonnen hat: