Zu Besuch bei: Emma S. Rose (Skoutz-Jurorin Drama 2016)
Emma S. Rose konnte ich auf der ersten Leserparty persönlich kennen lernen und war sehr beeindruckt von ihr. Mein Eindruck bei unserem ersten Interview von einer liebenswerten, bescheidenen Persönlichkeit hat sich da verfestigt. Inzwischen hatte ich auch die Gelegenheit, mir ihre Bücher näher anzusehen und finde bestätigt, was ich schon vermutet habe: Emma ist toll. Sie lebt auf unaufdringliche Weise vor, dass man sein Glück packen und seine Träume leben muss.
Emma S. Rose in der Jury des Skoutz-Awards
Umso schöner ist es, dass Emma S. Rose beim diesjährigen Skoutz-Award die Jury im Genre Drama/Schicksal verstärken wird. Ich hätte mir keine bessere Jurorin wünschen können. Obwohl Emmas Protagonisten immer ein Schicksal haben, das einen verzweifeln lassen könnte, flößt sie ihnen dann doch in einem Maße Kraft und Leben ein, die zeigen, dass man weitermachen muss. Und das ist genau das, was wir uns für alle Teilnehmer beim Skoutz-Award aus tiefster Seele wünschen, denn natürlich wird es auch dort dramatisch zugehen.
Zur Leserparty der Leipziger Buchmesse stellen wir ihre Auswahl für die Midlist vor. Jene 9 Titel, von allen Schicksals-Büchern aus den Vorschlägen, deren Geschichten nach Emmas Meinung das Zeug dazu haben, das Rennen um den Drama-Skoutz für sich zu entscheiden. Und ganz egal, ob das Buch aus einem großen Verlag oder vom Autor selbst veröffentlicht wurde, ob es von einem alten Hasen geschrieben wurde oder ein Debüt ist – nur die Geschichte zählt.
Emma S. Rose – mit Mistgabel und Sprachrohr in die Jury des Skoutz-Awards
Was ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?
Das ist eine spannende Frage! Im Grunde können meine Ideen überall herkommen. Manchmal treffen sie mich aus heiterem Himmel (wie beim Misten im Stall meiner Eltern), sie überkommen mich im Schlaf oder während ich bade und entspanne. Einige Inspiration schöpfe ich auch aus meinem ersten Beruf. Als Sozialarbeiterin habe ich viel mit Menschen gearbeitet, die schlimme Dinge erlebt haben. Ihnen ein Sprachrohr zu verleihen, wie bei Lina, ist mir sehr wichtig.
Ja, das spürt man beim Lesen deiner Geschichten, dass sie eine Erfahrung aussprechen, die erlebt und nicht nur ersonnen ist. Das bewundernswerte daran ist, dass du trotz heftiger Rahmenhandlungen doch irgendwie positive Geschichten schreibst, mit Honig statt mit Zuckerguss.
Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?
Diese Frage ist so schlimm, dass ich direkt Beklemmung bekomme. Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass dieser Fall eintreten könnte, denn Schreiben bedeutet für mich alles! Sollte es wirklich passieren, würde ich versuchen, weiterhin in meiner Branche zu bleiben. Ich unterstütze schon jetzt liebe Kollegen bei der Arbeit am Manuskript, das würde ich dann ausbauen. Aber … ich hoffe einfach, dass das niemals passieren wird!
Das hoffen wir natürlich auch. Trotzdem ist es beruhigend, dass du der Buchwelt in jedem Fall erhalten bleibst.
Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?
Noch kein einziges Mal. 🙂
Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?
Das war bei meinem Debütroman, „Lina – Hoffnung auf Leben“. In dem Buch geht es um sexuellen Missbrauch in der Familie. Eine Szene kommt vor, in der der Missbrauch etwas deutlicher geschildert wird. Nach dem Schreiben konnte ich das Manuskript wochenlang nicht öffnen, ohne zu weinen und mich zu ekeln. Auch wenn es der tatsächlichen Wahrheit entspricht und ich es deshalb mit aufgenommen habe – der Gedanke, dass diese Szene meinem Kopf entsprungen war, machte mich vollkommen fertig. Das ganze Buch hat mich immer wieder fertiggemacht. Aber es musste geschrieben werden! Und ich bin sehr froh, es getan zu haben.
Wir auch. Als Strafverteidigerin war ich auch öfter in den Schatten unserer Gesellschaft unterwegs und von daher kann ich nur bestätigen, dass Lina dieses Thema sehr treffend aufgreift.
Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?
Gerade bei Lina werde ich immer wieder mit vorsichtigen Andeutungen gefragt, ob ich Erfahrungen gesammelt habe. Das kann ich mit einem klaren „Nein!“ beantworten. In jedem Buch steckt in gewisser Weise ein wahrer Kern drin, denn meiner Meinung nach wird ein Buch so erst authentisch. Das kann die demente Oma sein, die bei „Warum Du?“ vorkommt oder eine liebe Freundin, die ich verarbeite – manchmal auch einfach ein kleiner Charakterzug. In einem derartigen Ausmaß, wie es bei Lina vermutet wird, würde ich jedoch nie autobiographisch arbeiten. Ich versuche stets, ein gesundes Mittelmaß zu finden. Die (bisher) einzige Ausnahme ist „Zweite Chance für die Liebe“. Dort geht es um Mobbing, und da spreche ich aus eigener Erfahrung.
Für mich ist es auch unwahrscheinlich, dass man schreiben kann, ohne entsprechendes erlebt zu haben, wenn auch oft in verfremdeter Form. Aber es beruhigt mich zu hören, dass du eben einen Teil auch mit beruflicher und nicht persönlicher Erfahrung bestreitest.
Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?
Wenn mich ein Leser anspricht, der das Thema des Buches am eigenen Leib erfahren hat – wie zum Beispiel Menschen, die selbst missbraucht oder gemobbt wurden – und er/sie mir dann sagt, dass das Buch geholfen hat. Viel deutlicher kann man mir nicht sagen, dass ich meinen Job gut gemacht habe, finde ich, denn „Betroffene“ stellen die ehrlichste und direkteste Jury dar.
Dann hoffen wir mal, dass du die Leser für die richtigen Bücher beim Skoutz-Award motivieren kannst. Obwohl wir da eigentlich keine Zweifel haben.
Wer ist für dich dein idealer Leser?
Ein Mensch, der bei aller Alltagsflucht, die ein Buch darstellen kann und auch sollte, dennoch nicht den Blick für die Realität verliert. Einige Bücher von mir sind leichte Kost, doch viele sollen auch zum Nachdenken anregen, sollen bewegen. Hierfür muss ein Leser offen sein. Ich weiß, dass es manche gibt, die so etwas nicht möchten. Auch ich wünsche mir manchmal pure Berieselung, das ist völlig okay. Aber am Schönsten ist es für mich, wenn ich etwas „bewirken“ kann, wenn das Buch nachwirkt.
Am Beeindrucksten finde ich, wenn das zwischen den Zeilen gelingt. Also ohne Moralkeule. So wie zum Beispiel bei „Warum Du?“.
Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?
Vermutlich am ehesten Sara, wenn ich mich nur auf die Hauptprotagonisten beschränke, denn sie hat viele Fehler gemacht, für die ich sie gerne geschüttelt hätte. Aber generell stehe ich sehr gut mit meinen „Mädels“ und „Jungs“. Manche davon hätte ich im wahren Leben gerne als Freund!
Schreiben wir uns nicht alle ein bisschen unsere Freunde ins Leben? Also bei mir ist es so.
Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?
Hm. Schwierig. Mir fällt es nämlich generell schwer, mich kurz zu fassen. Liegt wohl an meinem Beruf. 😉
Ich überlege gerade fieberhaft, welche Frage das sein könnte, doch selbst ein „Kann man dich auf der Messe xy treffen?“ würde ich immer noch mit weiteren Informationen und Details füttern.
Wie wäre es mit „Bist du so gespannt wie wir, wer am Ende den Drama-Skoutz gewinnen wird?“
Hier könnt ihr Emma S. Rose treffen:
Homepage von Emma S. Rose
Emma S. Rose auf Facebook
Buchtipp: Zweite Chance für die Liebe – Liebesdrama von Emma S. Rose
Stell dir vor, du begegnest einem Menschen, der dir vor Jahren sehr wehgetan hat. Du bemerkst, dass er sich geändert hat. Kannst du ihm verzeihen?
Becca hat sich ein ruhiges Leben aufgebaut. Lange Zeit musste sie erleben, wie grausam Mitmenschen sein können, doch das ist vorbei.
Denkt sie zumindest.
Eines Tages steht Martin vor ihr – er hat sie in der Schule zusammen mit den anderen Jugendlichen gemobbt. Nun erkennt er sie nicht und zeigt Interesse an ihr.
Becca weiß nicht, was sie tun soll. Er löst lange vergessene Unsicherheiten in ihr aus, gleichzeitig scheint er sich jedoch sehr verändert zu haben.
Soll sie ihn an sich heranlassen? Oder wird sie sich gar für all das Leid rächen?
Skoutz meint: Schon beim Lesen des Klappentextes frägt man sich automatisch, wie man selbst reagieren würde. Zu sehr ist dieses Thema aus dem Leben, aus unser alltäglichem Miteinander gegriffen. Und was Emma aus dieser Frage macht, wie sie immer neue Aspekte findet und glaubwürdig hin und herjongliert – das ist so spannend wie lehrreich, denn es verrät in unseren Reaktionen auch viel über uns selbst.