Wird Papier zum Problem für die Buchbranche?
Seit Beginn der Coronakrise boomt die Nachfrage nach Bauholz. Das hat für rasant steigende Preise auf dem Markt gesorgt. ‚Und das, obwohl doch seit Monaten überall gerodet wird wie blöd!‘, mag man sich nun wundern. Allerdings ist das gerodete Holz in den meisten Fällen tot und von Käfern zerfressen. Dass solches Holz nicht die beste Bausubstanz liefert, dürfte für niemanden eine Überraschung sein.
Wie sieht es nun aber mit dem Rohstoff Papier aus?
Leider nicht viel anders. Die gestiegenen Holzpreise haben auch die Preise für Papier und dessen Bestandteile in die Höhe schießen lassen. Kostete beispielsweise eine Tonne Zellulose, die die Fasergrundlage eines jeden Papieres bildet, Ende letzten Jahres noch 650 Euro, so sind es nun um die 1000 Euro. Sogar Altpapier ist keine günstige Alternative mehr, denn auch hier haben sich die Preise fast verdoppelt. Aber nicht nur die gestiegenen Kosten sind ein Problem, sondern auch die Beschaffung. Es bringt nichts, den verlangten Preis zahlen zu können, wenn schlicht und ergreifend nicht genug Ware da ist.
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Der Preis für Papier
ist ein Index für die Knappheit des Gutes
Und als würde das die Lage für Verlage nicht schon genug verschärfen, haben einige große Papierherstellungsfirmen die Herstellung ganz oder teilweise von Papier auf Verpackungsmaterial umgestellt. Unter ihnen ist der finnisch-schwedische Konzern Stora Enso. Bereits 2019 hatte er seine Fabrik in Oulu umgerüstet. In diesem Jahr macht er seine Papierfabriken in Kvarnsuede (Schweden) und Veitsiluoto (Finnland) dicht. Grund dafür ist vor allem der von der Coronakrise profitierende Versandhandel. Das knappe Gut Papier wird also noch knapper. Doch was genau bedeutet das nun für die Verlage?
Das Offensichtlichste ist der Anstieg der Produktionskosten, doch es steckt noch viel mehr dahinter. Die Verknappung bedeutet, dass Verlage viel länger auf ihr bestelltes Papier warten müssen als zuvor. Dadurch verzögert sich die Herstellung von Büchern enorm. Je nach Art des Papieres haben sich die Lieferzeiten von zwei Wochen auf bis zu sechs oder sogar acht Monate verschoben. Besonders schlimm betroffen sind Sonderformen wie Dünndruckpapier. Aber auch andere Materialien wie Klebstoffe oder Folien, die für die Herstellung gebraucht werden, sind aktuell knapp. Das beeinflusst natürlich die Erscheinungstermine, was sicherlich bereits vielen Lesern aufgefallen ist. Gerade in diesem Jahr gibt es besonders viele Fälle, in denen eine Buchveröffentlichung nach hinten verschoben wird. Oftmals nicht wie sonst um einen oder zwei, sondern gleich um mehrere Monate. Manche angekündigten Buchprojekte fallen gar ganz ins Wasser.
Die Frage nach Print oder E-Book bekommt damit eine ganz neue Komponente
Scary Christmas?
Nun heißt es abzuwarten, wie gut die Verlage diese Situation meistern werden, insbesondere, da das nächste Weihnachtsgeschäft bereits vor der Türe steht. Nachdem die Buchbranche bereits 2020 durch Corona und mehrfache Lockdowns gelitten hat, kommt also gleich die nächste große Herausforderung auf die Branche zu, und das ausgerechnet zur verkaufstechnisch wichtigsten Saison. Wie agieren Verlage auf diesen Stand der Dinge? Zum Einen heißt es jetzt noch mehr als je zuvor, im Voraus zu planen. Zum Anderen wird mehr im Voraus produziert, um zu verhindern, dass mögliche Bestseller nicht ‚out of stock‘ geraten. Ist der Vorrat einmal aus, wird es keine Chance geben, noch vor Weihnachten Nachdrucke zu bekommen. Doch das ist eine riskante Angelegenheit, denn wie bestimmt man Bestseller, noch bevor sie überhaupt auf den Markt kommen? So oder so befinden sich die Verlage in einer kniffeligen Lage, deren weitere Entwicklung ungewiss ist.
Was bedeutet das Papier Problem jetzt für uns Leser?
Es könnte sein, dass wir länger auf heißersehnte Neuerscheinungen warten müssen, weil den Verlagen Material zum Druck fehlt. Auch könnte es passieren, dass wir häufiger leer ausgehen, wenn wir unsere Weihnachtsbesorgungen nicht rechtzeitig erledigen. Somit müsste spontan umgeplant werden, weil an das Buch auf der Wunschliste nicht so schnell wieder dran zu kommen ist. Ebenso könnten die Preise für Bücher erneut ansteigen, sollte sich die Lage auf dem Holz- und Papiermarkt nicht bald wieder entspannen.
Schlussendlich lässt sich sagen, dass eine Prognose für den Markt und die gesamte Branche mehr als schwierig ist bei der allgemein angespannten und unübersichtlichen Lage.
Siehe auch:
– Börsenblatt, Heft 34 vom 26. August 2021
– Preise Altpapier*
– Preise Holz*
– Preise Papier*
One Comment
Aleshanee
Schönen guten Morgen!
Von dem Problem hab ich jetzt tatsächlich schon von mehreren Seiten gehört (es gab Lieferschwierigkeiten von EC-Rollen für die Kasse O.O). Ich bin gespannt wie sich das entwickelt. Ich hab den Beitrag heute auch gerne in meiner Stöberrunde verlinkt.
Liebste Grüße, Aleshanee