Skoutz-Jahresendspurt – achtzehntes Türchen von Bettina Storks

Unser achtzehntes Türchen wurde von der charmanten Autorin Bettina Storks gestaltet. Die frankophile Autorin, die mit ihren stimmungsvollen Romanen ihre Leser begeistert, arbeitet und lebt mit ihren Liebsten am schönen Bodensee. Heute hat sie eine ganz besondere Überraschung für euch – den winterlichen Prolog zu ihrem Debütroman „Das Haus am Himmelsrand“.

Wir wünschen euch viel Spaß!

 

Prolog „Das Haus am Himmelsrand“

 

Immer wenn der Wind über das Plateau in den Vogesen fegte, hielt der Rosshimmel den Atem an. Die Pferde erstarrten und spitzten die Ohren. Dann plötzlich setzten sie sich in Bewegung, eines nach dem anderen, eine einzige große Formation. Dabei vibrierte der Boden so sehr, dass die Schwingungen weithin zu spüren waren. Die Masse ihrer muskulösen, kräftigen Körper hinterließ tiefe Spuren auf dem Neuschnee, die der Wind jedoch nach und nach wieder verwischen würde.

Die Tiere galoppierten mit wehenden Mähnen und erhobenen Köpfen, die sie im gleichmäßigen Takt senkten, als ob sie sich vor den Naturgewalten verbeugten. Sie schwebten gleichsam über dem Boden. Hier war das Paradies ihrer Vorfahren, das seinen Namen der Tatsache verdankte, dass die Bauern früher ihre ausgedienten Rösser an diesem verlassenen Ort direkt unter dem Himmel begruben. Warum sie sich die Mühe gemacht hatten, die toten Tiere aus dem Tal bis hierher nach oben zu schaffen, konnte niemand beantworten.

„Pferde sind Fluchttiere“, sagte die Frau jedes Mal, wenn es losging. „Sie trauen niemandem.“

Die Kinder liebten ihre Geschichten. Sie verstanden zwar noch nicht, was das bedeutete, denn sie waren noch klein, aber das Gefühl der Angst war ihnen bereits vertraut.

Mit plattgedrückten Nasen knieten sie auf der Eckbank am Küchenfenster des Gesindehauses und beobachteten die Pferde, die schließlich vor den Stallungen Halt machten, wo ein Mann, eingehüllt in einen warmen Mantel, ihnen das Tor öffnete. Ein Ross wieherte und stellte sich auf die Hinterhufe. Der Mann beruhigte das Tier, indem er es am Hals streichelte. Dann schritten die Pferde mit dampfenden Körpern, eines nach dem anderen, ins Trockene.

Der Wind riss eine Scheunentür auf, die krachend gegen die Wand schlug. Der Schnee war in Regen übergegangen. Dicke Tropfen peitschten gegen die Scheibe. Das knisternde Feuer im Herd verströmte eine wohlige Wärme.

Die Frau räumte den Tisch ab, zog die beiden Kinder eilig vom Fenster weg und schob sie hinaus in Richtung ihres Verstecks, ein Verließ im Geräteschuppen. Sie hatten diesen Ablauf so häufig geübt. Der Mann konnte die Sprache der Pferde verstehen. Die plötzliche Rückkehr der Rösser von der Weide bedeutete nichts Gutes.

Die Frau legte den Zeigefinger an die Lippen und bekreuzigte sich. Dann schloss sie den Schacht, unter dem die Kinder zitternd aneinander gedrückt saßen. Sie lauschten und wagten nicht zu atmen. Durch einen kleinen Schlitz drang mattes Licht.

„Still, du musst ganz still sein!“, sagte der Junge zu dem Mädchen.

Aber es hatte gar nichts gesagt.

 

Vielen Dank, liebe Bettina Storks, für diesen zauberhaften Einblick in deinen Debütroman. Wenn ihr neugierig geworden seid und Lust habt, die ganze Geschichte kennenzulernen, dann bekommt ihr „Das Haus am Himmelsrand“ hier. Weitere Veröffentlichungen und Informationen zur Autorin bekommt ihr auf den Verlagsseiten oder hier.

Wir würden uns freuen, wenn ihr auch Morgen wieder dabei seid, wenn ein neuer Autor sein Türchen für euch öffnet …

 

 

 

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