zu Besuch bei: Sebastian 23
Nachdem wir dieses Jahr erstmals die Kategorie Anthologie besetzt haben, sind die entsprechenden Interviews mit den Herausgebern sehr spannend. Auch weil wir dafür auf Anregung von Stefan Holzhauer einen eigenes für Herausgeber konzipierten Spezial-Fragenkatalog entworfen haben.
Sebastian 23, hat als Poetry Slammer mit seiner Anthologie sicherlich einen der spannendsten Beiträge im Wettbewerb und so bin ich besonders gespannt, wie das mit einem Master of Rhyme so laufen wird:
Zu Besuch bei Sebastian 23, der Poetry slammt …
Was bewegt dich Anthologien herauszugeben?
Es wäre schlicht unfair, diese für mich zu behalten.
Joa, das ist natürlich richtig, hätten wir auch bedauert. 🙂
Was macht für dich eine gute Anthologie, ein gutes Anthologie-Thema aus?
Die Textzusammenstellung sollte sowohl zu den Texten, als auch zur Zusammenstellung passen.
Wenn wir jemals eine Aphorismen-Sammlung aus unseren Interviewbeiträgen basteln sollten, garantiere ich dir jetzt schon, dass dieser Satz dabei sein wird. Sehr zur Freude künftiger Deutschklassen, die dann über die Doppelbödigkeit des in dieser Aussage geschickt eingebetteten Zirkelschlusses Aufsätze schreiben müssen.
Anthologien sind in Deutschland – anders als in vielen anderen Ländern – relativ schwer an den Leser zu bekommen. Woran liegt das und woher nimmst du den Mut/die Kraft/die Sturheit, es trotzdem zu versuchen?
Aus Österreich.
In meiner Eigenschaft als Stiefösterreicherin (Meine Stiefmutter ist Österreicherin und angeblich als Steirerin ein besonders stures Exemplar) finde ich das als Begründung absolut ausreichend. Für alle Leser ohne entsprechendes Hintergrundwissen: Man sagt dem gemeinen Ösi eine Willensfestigkeit nach, mit der sich allenfalls das Alpenzentralmassiv messen kann. Ein Blick auf die Landkarte verrät, dass diese Entscheidung aber noch aussteht.
Nach welchen Kriterien wählst du die Geschichten aus? Vielfalt? Bekannte Namen? Persönlicher Geschmack? Würfeln oder Orakeln?
Da in meiner Anthologie alle Texte von mir sind, wähle ich die Antwort „Bekannte Namen“, denn mein Name kommt mir seltsam bekannt vor.
Schade. Denn genau deshalb hätte mich natürlich angesichts der Vielfalt deiner Texte schon interessiert, wie du da die Auswahl eingrenzt. Würfeln oder Orakeln? Persönlicher Geschmack … (to be repeated).
Was war dein emotionalstes Erlebnis als Herausgeber?
Am Tag, als das Buch erschien, sind alle Autoren zusammengekommen und haben gemeinsam gefeiert. Das war sehr emotional.
Schizophrenie hat den großen Vorteil, dass man sich nie alleine fühlen muss. Habt ihr in einem Spiegelkabinett gefeiert?
Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Herausgeber machen kann?
Einmal hat mich eine Leserin gefragt, ob meine Anthologie ein fragmentierter Roman wäre. An dem Tag war ich sehr glücklich.
Mich hat dein Buch ein bisschen an Das steinerne Herz von Arno Schmidt erinnert. So vom Leseerlebnis her, von daher kann ich deine Leserin so gut verstehen wie dich. (Das sollte ein Kompliment sein).
Wer ist für dich der ideale Leser?
Jemand, der z.B. aufmerksam genug liest, um zu bemerken, dass ich bei der weiter oben erwähnten Party zum Erscheinen meines Buches ganz alleine gefeiert habe.
Definiere „Allein“, denn wenn das Unbewusste mit dem Unterbewussten verkehrt oder die verschiedenen Elemente deines Selbst mit sich und die äußere Hülle von Sebastian 23 (hat die Zahl womöglich was mit der Anzahl deiner inneren Mitstreiter zu tun?) quasi nur der Tagungsort ist, dann ist man allein ohne allein zu sein. Aber ja, deine Leser sollten schon Freude an Hintertür-Bemerkungen und Winkelzugsätzen haben.
Was macht für dich ein gutes Anthologie-Cover aus? Gibt es da andere Regeln als für einen Roman?
Das Motiv sollte auf das Buch passen, insbesondere in Bezug auf das Format.
Damit offenbarst du zumindest, dass du gedanklich noch in der Print-Welt hängst, denn bei E-Books ist das mit dem Format ja deutlich flexibler. Aber auch nicht völlig. Okay. Dann lassen wir die Antwort mal so stehen und spielen sie an unsere Cover-Leute weiter.
Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Buchinterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?
Ja.
Das war nicht die Frage. 🙂
Lieber Sebastian, nachdem dein Buch „Hinfallen ist wie Anlehnen, nur später“ es tatsächlich auf die Shortlist Anthologie und damit ins Finale des Skoutz-Award geschafft hat, wünschen wir dir auch für die letzte Runde des Wettbewerbs noch einmal viel Glück. Hoffentlich dürfen wir dich auf der Leserparty in Frankfurt sehen. Und nach diesem Interview würde ich mich wirklich ganz besonders auf deine Dankesrede freuen. Von daher also nochmals extra viel Glück!
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