Tausend Worte täglich
Maler haben es gut! Ein Blick sagt mehr als tausend Worte! Und ein Bild lässt sich unter Umständen auch viel schneller malen. Doch es gibt auch genügend Autoren, die es spielend schaffen, das NaNoWriMo-Ziel von 1.500 Worten/täglich locker zu überbieten und 5.000 oder auch 10.000 Worte zu Papier zu bringen. Trödeltanten wie ich sind augenscheinlich umzingelt von Kollegien, die in einer selbst KI beschämenden Weise monatlich oder gar wöchentlich neue Bücher veröffentlichen.
Das sind diese Momente, die zeigen, warum das Autorendasein ein ziemlich einsames ist. Entweder man entzieht sich dieser Kraftmeierei, sperrt sich in sein Schreibzimmer ein oder zieht auf eine einsame Insel, und verweigert jedweden kollegialen Austausch oder man fühlt sich wenigstens allein, weil es so aussieht, als sei man ganz allein faul, unkreativ und inneffizient.
Aber das täuscht! Zur Schreiberei scheint dieses Gefühl zu gehören, dass andere immer besser sind. Auch wenn es falsch ist. Selbst die Minderwertigkeitskomplexe der anderen sind nicht besser als eure! 🙂 Und auch wenn wir uns oft so fühlen wie Spitzwegs armer Poet, entspricht es nicht der Wahrheit. Wir sind besser als wir glauben – vor allem, wenn wir es glauben.
Speziell diese Quantitätsdebatte ist ermüdend. Verschwendet nicht eure wertvolle Schreibzeit mit solchen Diskussionen, sondern schreibt!
Vergleiche sind doof!
Es gibt zu viele Variablen, um diese Übung sinnvoll zu machen:
- Umfeld: Ein Schriftsteller, der nicht berufstätig ist, hat mehr Zeit zum Schreiben als ein Schriftsteller, dessen Zeit zum Schreiben auf seinen täglichen Arbeitsweg beschränkt ist – also mehr Wörter pro Tag.
- Genre: Ein historischer Roman zum Beispiel erfordert mehr Zeit für die Recherche als ein zeitgenössischer Roman, so dass Sie länger brauchen, um ihn zu schreiben – und damit weniger Wörter pro Tag.
- Arbeitsweise: Wer sehr gründlich schreibst, Satz für Satz sofort kontrolliert, immer wieder das ebene Geschriebene liest und gleich verbessert, schreibt natürlich langsamer. Aber er spart Zeit beim Überarbeiten.
- Qualität: Außerdem ist Quantität ohne Qualität bedeutungslos. Der Erfolg Ihres Buches wird von seiner Qualität abhängen, nicht davon, wie lange Sie für das Schreiben gebraucht haben.
Es ist jedoch sinnvoll, Ihre eigene Produktivität zu optimieren, sowohl um Ihre Marketingziele zu erreichen als auch um sich selbst zu verwirklichen. Die folgende Checkliste wird Ihnen helfen, Ihre derzeitige Schreibpraxis zu überprüfen und Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen.
Aber denken Sie daran, dass es kein universelles Richtig oder Falsch in Sachen Produktivität gibt. Probieren Sie einfach die Methoden aus, die Ihnen am meisten zusagen – und schreiben Sie weiter!
10 Schreibtipps für 1000 Worte täglich
- Vorsatz
- Arbeitsmittel
- Arbeitsplatz
- Gewohnheit
- Entschlossenheit
- Freizeit
- Achtsamkeit
- Planung
- Unsichtbare Helfer
- Erfolgskontrolle
1. Versprochen ist Versprochen
Es bringt viel, sich etwas vorzunehmen. Weil aus einem diffusen „Man müsste doch …“ ein konkreter Vorsatz wird, der ein Ziel benennt. Das ist der erste Schritt für eine neue Schreib-Routine. Was das bringt, sieht man jährlich im November, wenn der NaNoWriMo dazu auffordert, in einem Monat 50.000 Wörter zu schreiben – durchschnittlich 1.666 Wörter pro Tag. Einmal wenigstens sollte man dran teilnehmen. Danach findet man auch 1000 Worte täglich gar nicht mehr so schlimm. 🙂
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2. Handwerkzeug
Schreiben ist Handwerk und so gilt auch hier, dass man es sich mit den passenden Utensilien schon viel leichter machen kann. Was passt, ist dann so individuell wie wir selbst. Was benutzt ihr zum Schreiben? Stift und Papier ganz traditionell, PC und Tastatur oder diktiert ihr lieber? Es lohnt übrigens, ganz gezielt auch mal das Medium zu wechseln, denn jedes hat seine Eigenheiten, die unter Umständen in bestimmten Situationen zu anderen, ggf. besseren Ergebnissen führen.
- Stift und Papier verbinden sich mit dem Unterbewusstsein wie kein anderes Medium. Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass sich durch die Kombination aus koordinierter Bewegung und kreativem Denken andere Gehirnteile stimulieren lassen als bei separater Betätigung.
Nachteil: Das Manuskript muss später abgetippt werden. Das kann man zwar gleich im Rahmen der Überarbeitung machen, aber unleugbar bleibt es erheblicher Mehraufwand. - In Zeiten, in denen wir auf dem Handy fast so gut tippen wie am PC hat das Arbeiten mit einer Manuskript-Datei den Nachteil ausgemerzt, dass man dazu am PC am Schreibtisch sitzen muss. Dazu hat man im besten Fall ein fertiges Manuskript, dass nicht mehr aufwändig übertragen werden muss. Und man kann jederzeit und einfach etwas ändern, ergänzen, löschen oder auch verschieben.
- Diktieren ist für viele gewöhnungsbedürftig, aber man lernt es relativ schnell und dann hat diese Methode den Vorteil, dass man meist eine natürlichere Sprache entwickelt und speziell Dialoge besser klingen. Gut ist auch, dass man speziell als Feierabendschreiberling die Augen nach einem PC-Bürotag nicht weiter belastet. Auch werden – ähnlich wie beim Schreiben mit Hand – andere Teile des Gehirns beansprucht.
Bei den meisten Diktierprogrammen ist der Überarbeitungsaufwand allerdings deutlich höher als beim selbst getippten Manuskript.
Durch das Diktieren fließen Ihre Worte natürlicher und Ihre Prosa klingt auf der Seite und im Hörbuch besser.
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3. Kreativräume helfen
Ein Ort, an dem man sich in seine Geschichte – bzw. eben die nächsten 1000 Worte – vertiefen kann, ist hilfreich. Das klingt jetzt nach einer Binsenweisheit, aber das ist es nicht. Testet ruhig mal gezielt, wo ihr in den Flow kommt. Es gibt Kaffeehausschreiber, die der Trubel um sie herum inspiriert und Autorinnen, die am liebsten mit Noise Reduction Kopfhörern in geschlossenen Räumen schreiben. Vielleicht geht es besser, wenn man sich mit Dingen umgibt, die eine Verbindung zur Geschichte herstellen? Der Mensch ist ein visuelles Wesen, das durch Bilder animiert wird. Umgekehrt ist es hinderlich, wenn zu viele Ablenkungen im Blickfeld liegen. Bei mir jedenfalls ist das der Hauptgrund, warum ich dann – allen Vorsätzen zum Trotz – doch nicht schreibe, sondern etwas ganz anderes mache.
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4. Ritualisiertes Schreiben
Jeder kennt das, wenn man im Schreibprojekt nicht voran kommt. Wenn aus einem kurzen Nachschlagen stundenlange Ausweichrecherche wird und man sich ständig dabei ertappt, noch schnell mal etwas davor zu erledigen. Oder wenn man vor dem Laptop sitzt und mühsam Wort. Für. Wort. In. Die. Tastatur. Hackt …
Oft hilft es, herauszufinden, wann man seine persönliche Kreativzeit hat. Morgens oder abends? Ich bin zum Beispiel ein extremer Nachtschreiber und das Schreiben ist für mich eine Art Traumersatz.
Auch helfen Rituale. Gleiche Zeit, gleicher Ort, gleiche Dauer. Ohne Ausreden. Oder quantitative Vorgaben, die einen einfach in Fluss bringen sollen. „Schreib wenigstens 10 Sätze“. Oder eben 1000 Worte! Oft hilft geht es besser, wenn man weniger verkrampft an das Schreiben herangeht und erst mal etwas anderes schreibt, an das weniger hohe Erwartungen geknüpft sind. Einen Brief, einen Blogbeitrag oder auch nur ein paar Notizen etwa. Schreib-Coaches empfehlen hier „Morgenseiten“: Schreibt einfach jeden Morgen beim Kaffee drei Seiten über alles, was euch in den Sinn kommt. Unreflektiert, spontan und vor allem ohne Unterbrechung! So trainieren wir die Fähigkeit, bequem, flüssig und ohne Zögern zu schreiben.
Und eins noch: Für unser Gehirn sind Schreiben und Lesen zwei grundverschiedene Dinge. Auch wenn man während des Schreibens schon mit dem Überarbeiten beginnt, sollte man die Vorgänge streng voneinander trennen.
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5. Vorsätze leben!
Schreiben ist eine ernste Sache und hat unsere ganze Aufmerksamkeit verdient! Wenn wir schreiben, sollten wir also das Internet ausmachen, keine Messenger-Alerts akzeptieren und das Handy konsequent auf Flugmodus schalten.
Ein für meine Produktivität unfassbar hilfreicher Kniff ist das $-Zeichen. Wenn ich an einer Stelle nicht weiterkomme, wenn ich etwas nachschlagen, recherchieren oder anpassen möchte, unterbreche ich meinen Schreibfluss nicht, sondern setze einfach ein $-Zeichen. Das brauche ich sonst nirgends im Text und finde es daher später ohne Schwierigkeiten über die Suchfunktion wieder. Dann ist immer noch Zeit einen geeigneten Namen für die Nebenfigur zu finden, zu kontrollieren, ob sie drei Kapitel früher einen Pulli oder eine Bluse trug und zu googeln, ob es 1926 schon gesüßtes Kakaopulver gab.
Und ganz wichtig: Seid streng mit euch! Glaubt mir, die Sockenschublade kann warten, ebenso die Kontrolle des Eisfachs und auch Staubwischen funktioniert in einer Stunde noch genauso gut. Ausreden zu widerstehen ist, wenn man es durchzieht, etwas wunderbares. Speziell, wenn man nach erfolgreicher Schreib-Einheit sieht, was man geschaffen hat. 🙂
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6. Schreibpausen
Prokrastinieren ist deshalb so verlockend, weil Schreiben, also Ideen in greifbare Worte fassen, sehr anstrengend ist. Deshalb ist es wichtig, sich nicht zu überfordern. Außerhalb der Schreibzeiten sollten also auch Pausen drin sein. Solche, in denen man ganz gezielt alltägliche Dinge tut, die keinerlei Kreativleistung erfordern, und solche, in denen man die Gedanken treiben lassen kann, völlig undiszipliniert, wohin und soweit sie wollen. Das kann beim Autofahren, Duschen oder Garteln sein – wir haben in unseren Interviews schon die ungewöhnlichsten Situationen genannt bekommen, in denen die Muse einem hinterrücks einen Kuss in den Nacken drückt.
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7. Widerstände ernst nehmen
Hakt das Manuskript? Bleibt der Flow trotz aller Vorbereitung aus? Rücken die 1000 Worte täglich in unerreichbare Ferne? Es kann eine Schreibblockade sein. Die lässt sich mit ein paar Tricks auch überwinden. Aber es kann auch ganz andere Ursachen haben! Vielleicht kommt die Geschichte nicht von Herzen? Vielleicht ist sie einfach noch nicht reif, geschrieben zu werden? Der erste Selbsttest solle also immer der sein, dass man das Projekt bewusst in die Schublade legt und versuchsweise an etwas anderem arbeitet.
Manchmal bleibt man auch an einer bestimmten Stelle, einer Kampfszene zum Beispiel, hängen. Das ist wieder einmal die Stunde des $-Zeichens! Setzt euch einen $, oder auch zwei, meinetwegen mit Ausrufezeichen – $$! – und schreibt ab der Stelle weiter, wo es euch leichter fällt. Bloß weil Bücher zuallermeist von vorn nach hinten lesen, müssen sie nicht so geschrieben werden.
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8. Planung ist das halbe Leben
Aber eben auch nur das halbe! Über die Frage, ob und wie detailliert man Plotten soll, werden ganze Bibliotheken gefüllt. Es kommt drauf an. Auf die Geschichte, auf den Menschen, auf die Rahmenbedingungen. Wir haben in der Schreibstube schon viele verschiedene Plottechniken vorgestellt und ich bin überzeugt, dass es für jeden die passende Methode gibt. Da muss man einfach ein bisschen testen. Ich für mich habe festgestellt, dass ich mit einer groben Gliederung, so drei bis fünf Sätze pro Handlungsabschnitt, besser zurechtkomme als ganz ohne Plotten, aber mit einer zu detaillierten Gliederung den Spaß am Schreiben verliere, weil ich dann schon weiß, was als nächstes kommt.
So oder so empfehle ich jedem, in Fällen, in denen man nicht weiß, wie man entlang seiner Gliederung weiterkommt, jene zu ignorieren und der Geschichte und ihrem eigenen Flow zu vertrauen. Vielleicht kommt man später wieder auf das Plotgleis zurück, vielleicht entdeckt man aber auch viel spannenderes, neues Terrain. Geschichten – das wissen wir doch alle – haben ihre ganz eigene Magie!
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9. Unbewusst und unterbewusst
Schreiben ist kreative Schwerstarbeit, die weit, weit über das eigentliche Schreiben hinausgeht. Wir tragen die Story mit uns spazieren, grübeln beim Einkaufen und verarbeiten in der Schreibzeit abends in unseren Dialogen unbewusst das untertags Erlebte. Das macht einen erheblichen Teil der Faszination aus und kann genutzt werden: Wenn ich so gar nicht weiterkomme, delegiere ich mein Schreibproblem ganz bewusst ans Unterbewusstsein. Ich denke bewusst und konzentriert vor dem Einschlafen nochmals darüber nach, entschlummere dann und wache in den allermeisten Fällen am Morgen mit einer Lösung auf.
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10. Was ist schon produktiv?
1000 Worte täglich sind gut zu schaffen. Aber muss man sie auch erreichen? Ist es nicht letztlich eine Frage der Qualität mehr als der Quantität? Wer nicht schreibt, um seine Miete zu bezahlen, sollte nicht aus den Augen verlieren, dass Schreiben vor allem Spaß machen sollte. Ich bin überzeugt, dass dann die Geschichten besser werden.
Davon unabhängig ist der Word Count womöglich nicht der Weisheit letzter Schluss. 100o Worte täglich sind ein willkürliches Maß, das nicht zwingend ist.
Ich persönlich bin wesentlich produktiver, wenn ich nicht versuche Schreiben nach Zahlen zu betreiben, sondern mir einfach vornehme, jeden Tag eine Szene zu schreiben, wie lang sie auch sein mag. Dadurch habe ich immer zusammenhängende Einheiten am Zug durchgeschrieben und bin intensiver in der Geschichte. Rücken die Abgabetermine näher, erhöhe ich auch auf Kapitel statt Szenen. Das erlaubt auch ein besseres Überarbeiten des noch unfertigen Manuskripts und eine fortlaufende Plotkontrolle nach vorn.
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Erfolge muss man feiern
Lobt euch selbst, wenn es sonst keiner tut! Schreiben ist ein meist einsamer Job. Ihr könnt in eine Schreibgruppe gehen, auch wir von Skoutz bieten das auf Facebook* an, aber so oder so solltet ihr euch für das Erreichen von Zielen belohnen. Genießt den Moment, in dem ein Kapitel fertig ist. Trinkt bewusst eine gute Tasse Kaffee, gönnt euch eine Praline oder hakt feierlich eine Aufgabe auf der Todo-Liste ab. Macht den Erfolg greifbar, fühlbar und vor allem erinnerbar.
1000 Worte täglich sind also durchaus zu schaffen! Wenn man will.
Ich hoffe, dass diese Tipps euch dabei helfen, eure Produktivität zu steigern und regelmäßigeres Wachstum euerer Geschichten ermöglicht. 1000 Worte täglich eben.
Wenn ihr noch weitere Tipps habt, dann nur her damit! Wir freuen uns über Anregungen und Vorschläge jeder Art ebenso wie über eure Erfahrungsberichte!