Skoutz-Jahresendspurt – dreizehntes Türchen von Sophie Seeberg
Unser dreizehntes Türchen wurde von der charmanten Sophie Seeberg gestaltet. Die Diplom-Psychologin, die schon seit fast zwanzig Jahren als Gutachterin fürs Familiengericht arbeitet, hat ihre skurrilsten und außergewöhnlichsten Fälle in ihren Büchern zusammengetragen.
Für Skoutz hat sie sich mit dem Thema „Weihnachten“ befasst. Typisch Weihnachten, nur so ein Ausspruch, oder steckt da tatsächlich mehr dahinter?
Wir geben nun das Wort ab und wünschen viel Spaß mit Weihnachtstypen, gewissen Klischees und was euch eine Fachfrau rät, damit es vielleicht doch ein harmonisches Fest werden kann …
Weihnachten… Leuchtende Kinderaugen, duftendes Weihnachtsgebäck, Glockenklänge in der Ferne, leise rieselnder Schnee vorm Fenster und glückliche Großfamilien um den Christbaum… Harmonie pur… Hach… Schön… DAS ist Weihnachten…
Naja, wenn man die Hauptfigur in einem Alles-ist-wundervoll-Weihnachtsfilm ist. Oder seeeeehr großes Glück hat. Meist ist das Weihnachtsfest dann doch irgendwie … anders. Wobei „anders“ ja durchaus wertneutral ist… Ach, machen wir uns nichts vor. Weihnachten ist schwierig. Schön, aber eben auch schwierig.
Hier sind fünf Klischee-Familien aufgelistet samt Tipps, wie die Feiertage trotzdem oder eben genau deswegen wundervoll werden können. Oder zumindest keine Katastrophe.
Typ 1: „Du bist nur wieder neidisch auf deine Schwester!“
Die Familie, die in jedem Jahr spätestens kurz vor der Bescherung so zerstritten ist, dass sie erst Mitte November nächsten Jahres wieder miteinander spricht. Im günstigsten Fall endet die „Feier“ bevor sie begonnen hat, im schlimmsten Fall gehen Dinge zu Bruch.
Mein Tipp: Machen Sie auf keinen Fall den Fehler zu versuchen, zwischen einzelnen Familienmitgliedern zu vermitteln! Das führt nur dazu, dass sich die gesamte Familie auf sie einschwenkt wie ein Geschützturm! Setzen Sie lieber auf Humor. Besuchen Sie eine Clown-Schule, lernen Sie Fips Asmussens Witzebuch auswendig oder üben Sie ein paar wirklich gute Slapstick-Gags ein. Lachanfälle und Streit sind nicht kompatibel, und am Ende wird das gemeinsame Gekicher alle vereinen. Entweder, weil Sie wirklich gut waren und bald den Comedy-Newcomer-Preis verliehen bekommen oder weil Sie so schlecht waren, dass es schon wieder lustig ist. Egal wie – Sie haben das Weihnachtsfest gerettet. Und sich selbst.
Typ 2: „15:07 Gemeinsame Baumschmückung, Zeitfenster 34 Minuten“
Die Perfektionisten, bei denen alles bis ins letzte Detail durchgeplant ist und jedes Jahr exakt gleich und ohne die geringste zeitliche oder inhaltliche Abweichung abzulaufen hat.
Mein Tipp: Bereiten Sie sich schon im Herbst gründlich vor. Schauen Sie Fotoalben und Familienfilme der letzten Jahre an. Betreiben Sie Fehleranalyse und erarbeiten Sie schon im Vorfeld Lösungen. Legen Sie sich ins Zeug, aber achten Sie darauf, dass Sie nicht übertreiben. Ist die Baumschmückung zehn Minuten zu früh beendet, stimmt der gesamte Zeitplan nicht mehr und eine Katastrophe droht. Deponieren Sie mehrere Stoppuhren an markanten Punkten im Haus und tragen Sie stets Klemmbrett, Zeitplan und Stift mit sich. Wenn Sie auf Nummer Sicher gehen wollen, engagieren Sie einen Experten, der in einem Van vor dem Haus sitzt, auf diverse Monitore starrt und Ihnen über einen Knopf im Ohr Anweisungen geben kann.
Oder trinken Sie Glühwein. Mit Schuss.
Typ 3: „Halleluja aus Hawaii“
Die Weihnachtsflüchter, die das Fest unbedingt unter Palmen verbringen wollen, dann aber am Heiligabend im Hotel doch Glühwein trinken und neben dem Plastikbaum in der Lobby leise „Stille Nacht“ vor sich hinsingen.
Mein Tipp: Warten Sie bis zu dem Moment, in dem sich die Weihnachtsflüchter zumindest vor sich selbst eingestehen, dass sie jetzt doch lieber irgendwo wären, wo das Wetter besser zu Weihnachten passt –und sei es nur der Regen bei 7 Grad Celsius. Nun kommt Ihr Moment: Laden Sie alle in Ihr Hotelzimmer ein, vor dessen Türe Sie Schals und Mützen (gerne auch Weihnachtsmützen mit blinkender Bommel) verteilen. Vorausgesetzt, Sie haben die Klimaanlage seit Tagen so weit aufgedreht, dass es für unsere Verhältnisse für Weihnachten schon fast zu kalt ist. Drinnen angekommen, verteilen Sie Glühwein, lassen Kunstschnee von der Decke rieseln und spielen „Stille Nacht“ in voller Lautstärke.
Oder lassen Sie die Weihnachtsflüchter alleine fliehen.
Typ 4: „Verdammt! Wir brauchen noch’n Baum!“
Die Chaoten, denen am 24ten nachmittags einfällt, dass sie noch einen Baum brauchen, während die Weihnachtsgans verbrennt und sich Opa dank alljährlicher Päckchenverwirrung über einen Haarreif von Prinzessin Lilifee freuen soll.
Mein Tipp: Suchen Sie sich eine (wirklich nur eine!) Katastrophe aus und versuchen Sie, diese zu verhindern. Sie werden damit alle Hände voll zu tun haben, bei Erfolg aber in die Familiengeschichte als der Held der Weihnacht eingehen. Vielleicht besorgen Sie einfach vorab den Baum und präsentieren diesen der überraschten Verwandtschaft. Oder Sie bestellten schon vorab eine zweite Weihnachtsgans beim Partyservice. Achtung: Sorgen Sie keinesfalls für zu viel Ordnung! Denn für diese Familie gilt: Ohne ein gewisses Maß an Chaos kommt keine weihnachtliche Stimmung auf.
Und halten Sie Ihr Handy bereit, um die lustigsten Szenen zu filmen.
Typ 5: „Kommen Sie doch rein. Es ist genug für alle da.“
Die Herzlichen, die für jeden ein Geschenk bereithalten, inklusive Nachbarn, Hausmeister von Gegenüber und der Kassiererin im Supermarkt. Entsprechend haben sie am Weihnachtsabend deutlich mehr Menschen im Haus als Sitzgelegenheiten. Achtung: Der körperliche Sicherheitsabstand wird konsequent unterschritten, Umarmungen sind unvermeidbar und es wird sich nicht gesiezt.
Mein Tipp: Lassen Sie sich darauf ein, feiern Sie mit und/oder laden Sie ebenfalls Bekannte und Unbekannte ein. Diese Familie hat den Sinn und Zweck von Weihnachten auf jeden Fall verstanden. Wenn es Ihnen zu viel wird, flüchten sie mit ein paar Tassen Glühwein nach draußen, um die Stille zu genießen. Niemand wird es Ihnen verübeln.
In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten und ein gesundes, katastrophenfreies 2018 mit lauter wundervollen Momenten, Humor und ganz viel Liebe!
Eure Sophie Seeberg
Vielen Dank für diesen wirklich tollen Beitrag, liebe Sophie Seeberg. Wir haben uns köstlich bei dem Versuch einer passenden Kategoriezuordnung amüsiert und wünschen dir natürlich auch ein wundervolles Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Wenn ihr jetzt neugierig geworden seid und Lust habt, mehr von Sophie Seeberg zu lesen, dann schaut doch mal auf ihrer Homepage vorbei. Außerdem findet ihr in der Leselounge von Droemer Knaur ein tolles Interview mit ihr (weiterlesen)
Ihre ersten beiden Romane „Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey“ & „Die Schanin hat nur schwere Knochen!“ gibt es jetzt auch als Doppelband. Den neusten Roman „Der Maik-Tylor verträgt kein Bio“ findet ihr unter anderem hier.
Wir hoffen, ihr hattet viel Spaß mit unserem heutigen Türchen und dass ihr morgen wieder dabei seid …