Zu Besuch bei Anke Koopmann von Designomicon
Der Skoutz und ich sind heute unterwegs um Anke Koopmann von Designomicon zu besuchen. Sie steht mit dem von ihr gestalteten Buchcover von „Wunderland“ auf der Midlist Buchcover. Wir waren schon im letzten Jahr bei ihr und wir sind ganz gespannt, was sie zu unseren diesjährigen Fragen sagt und wie es ihr seitdem ergangen ist. Den Weg kennen wir ja noch und nur noch hier um die Ecke und wir sind da.
Zu Besuch bei Anke Koopmann von Designomicon, die keinen Koriander mag
Hallo liebe Anke, schön dass wir dich in diesem Jahr wieder besuchen dürfen und du dir Zeit für uns genommen hast. Wir freuen uns schon sehr auf unser Gespräch und ich würde vorschlagen, lass uns einfach anfangen. Der Skoutz-Kauz dreht gerade noch seine Runde weil er sich bei dir umschauen möchte, er ist halt einfach total neugierig …
Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?
In meinem schönen Dachgeschoss-Büro. Im Sommer definitiv zu warm, aber mit Blick auf das Vogelhäuschen auf dem Balkon – und genug Platz für einen gemütlichen Interview-Sessel gegenüber meiner Belegexemplar-Regale.
Es ist total schön hier, ich finde Dachschrägen ja unglaublich gemütlich und habe selber sehr lange Zeit in einer Dachgeschosswohnung gewohnt.
Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf deine Arbeit aus?
Motto hab ich keins. Ich versuche, immer mein Bestes zu geben, aber möglichst ohne Verbissenheit. Das klappt nämlich weder beim kreativ sein, noch beim Bogenschießen.
Das stimmt, Verbissenheit ist kein guter Ratgeber. Aber, wenn man für seine Projekte brennt, ist es dann nicht schwierig, immer dieses letzte Quentchen Distanz zu wahren?
Das funktioniert natürlich nicht immer, weil ich auch perfektionistisch und ehrgeizig bin.
Großartige Kombination, oder? 😉
Oh ja, die Ergebnisse, würde ich sagen, belegen das eindrucksvoll!
Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?
Koriander! Ansonsten müsste ich jetzt politisch werden, das lassen wir lieber.
Alles klar, ich kann Koriander auch nicht ausstehen … ich mag den Geschmack gar nicht. Politisch waren wir bei der Frage schon öfter, das können wir, aber ich bin nicht böse, wenn wir das lassen, zumal ich glaube, dass wir da ziemlich einer Meinung sein dürften. Lass uns über was sprechen, was Designer vielleicht nochmals anders als Autoren und Leserinnen sehen.
Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?
Ich glaube, ein Leben ohne Klischees ist gar nicht möglich.
Wahrscheinlich. Wie kommst du darauf?
Sie helfen, Entscheidungen zu treffen und Dinge schnell und einfach einzusortieren. Man sollte nur in regelmäßigen Abständen seine Klischees überprüfen, ob sie vielleicht überholt sind oder ob man andere Menschen damit verletzt.
Ja, genau. So, wie aus einem Vorurteil, also einem wertenden Klischee, auch kein Endurteil werden sollte. Also, jedenfalls nicht ohne nochmalige Prüfung. Man muss ja auch zwischen albernen, schon fast abergläubischen Klischees, verallgemeinerten Erfahrungswerten – der berühmten statistischen Wahrscheinlichkeit – und perfiden Unterstellungen unterscheiden.
Manchmal sind sie ja auch lustig, wie Klischees über verschiedene KFZ-Kennzeichen.
Haha, ja, da kann ich auch was von erzählen. Wie geht jetzt eine Designerin wie du damit um?
Beim Designen würde ich es eher Seh-Gewohnheit nennen. Schnörkelige Schrift, wehende Haare, kitschiger Sonnenuntergang. Zack – sofort entsteht allein durch die Beschreibung ein Bild im Kopf.
Gerade an bestimmte Elemente – z.B. Schriften – sind ja auch Publikumserwartungen geknüpft. Ein SciFi-Roman hat meist eine völlig andere Schrift als eine Liebeskomödie und ich orientiere mich beim Stöbern durchaus an diesen Ersteindrücken, auch wenn ich dann Gefahr laufe, interessante Bücher zu übersehen. Andererseits soll ein Cover ja auch neu und aufregend sein. Da die richtige Mischung zu finden, stelle ich mir knifflig vor.
Ich versuche immer, so viel wie nötig und so wenig wie möglich einzusetzen. Aber beim Designen bin ich ja auch an Wünsche und Anweisungen von anderen gebunden.
Das stimmt wohl, du bekommst ja deine Vorgaben von den Verlagen und Autoren. Aber wenn du entscheiden darfst …
Was macht für dich ein gutes Cover aus und wie baust du dein Coverdesign auf? Worauf achtest du besonders?
Ich achte auf die passende Mischung von Schrift, Motiv und Stimmung, die dem Zielpublikum verspricht, dass auch das drin ist, was drauf ist. Außerdem bin ich ein Fan von klaren Motiven, Mittelachse und Symmetrie, das spiegelt sich in vielen meiner Cover wider.
Hört sich total stimmig und gut an. Ich habe mir ja schon einige deiner Arbeiten angeschaut und das passt wunderbar. Jetzt hast du grad schon vom Publikum und seinen Erwartungen gesprochen …
Cover sind der berühmte erste Eindruck, den ein Buch macht. Wie wichtig ist der Inhalt für das Cover? Wie suchst du Motive aus, wenn du kaum Infos zum Buch hast? Geht das überhaupt?
Der Inhalt ist auf jeden Fall wichtig, es muss aber nicht immer jedes Detail exakt stimmen oder sich auf dem Cover wiederfinden. Wenn ich zwei Sätze habe, die das Buch beschreiben und dann noch ein paar Beispielcover oder Stimmungsbilder reicht mir das. Oft sind die Bücher ja noch nicht fertig geschrieben wenn ich das Cover mache.
Ich würde dir zu gerne mal über die Schulter schauen, wenn du an einem Cover arbeitest. So vom 1. Schritt bis zur Fertigstellung. Können wir da mal ein Making-of machen? Aber wer so viel mit Büchern arbeitet, wird sicherlich auch viele lesen.
Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?
Der Satz ist wunderschön.
Und hat er auch sofort überzeugt. 🙂
Garten finde ich aber zu klein, denn Gärten haben meistens Grenzen. Ich würde eher sagen, ein Buch ist wie eine andere Welt, die man in der Tasche trägt.
Ja, da hast du natürlich Recht. Aber so wie Gärten irgendwo Zäune haben, ist ein Buch ja irgendwann ausgelesen und das Ende kommt. Ich lese gerne Horror, da bin ich froh, dass das Thema begrenzt ist. Aber seit dem Garten Eden sind die Übergänge zwischen Welten und Gärten auch fließend.
Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?
Meine Mutter hat mir oft vorgelesen, als ich klein war.
Mir wurde auch oft vorgelesen, als ich Kind war. Das fand ich immer so schön. Wie ging es mit der Lese-Anke weiter?
Dann habe ich die Fünf Freunde und Hanni & Nanni verschlungen, bis ich bei den Terry Pratchett Büchern meines Bruders gelandet bin. Danach kam dann Herr der Ringe und die fantastische Literatur hatte mich in ihren Klauen.
Toll, alles Bücher die ich auch kenne und gelesen habe. Die fünf Freunde gehörten zu meinen Favoriten.
Wie sortierst du deine Buch-Regale?
Die Beleg sind ganz schlicht sortiert nach Verlag und von alt nach neu. Der Rest ist sortiert nach Mangas und Büchern. Und dann von oben nach unten nach persönlicher Liebe zu den Büchern. Da eigentlich fast alles Fantasy oder Science Fiction ist, muss ich auch nicht nach Genres sortieren 😊
Wunderbar, ich habe mir das ja eben angeschaut, gefällt mir richtig gut. Ich mag es in fremden Bücherregalen zu stöbern. 😊 Das sagt so viel über den sortierenden Menschen. Was er liest, wie er sortiert, wie er dekoriert …
Kunstfreiheit auf dem Prüfstand
Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?
Meine Arbeit beeinflusst das wenig, ich mache ja nur normale „Gebrauchskunst“ und da kommen selten Themen vor, die das betrifft.
Wenn du das so sagst, stimmt. Aber du bist ja ein engagierter und kritischer Mensch, der davon unabhängig eine Meinung hat.
Kunst hat sowohl einen Auftrag als auch eine Verantwortung und da den richtigen Weg zu finden, ist schwer. Ich persönlich finde nicht, das Kunst alles tun und lassen darf, aber das Thema ist zu komplex, um es hier mit ein paar Sätzen zu beantworten.
Auch da hast du Recht. Eigentlich müsste man einen eigenen Thementag dafür machen um alle Aspekte zu beleuchten. In unseren Gesprächen, in denen wir ja immer diese Frage stellen, kristallisiert sich heraus, dass es weniger spannend ist, ob man Grenzen zieht. Dafür findet sich eine Mehrheit. Aber wer diese Grenzen festlegt. Und da läuft es für viele auf die Lichtenberg-Formel heraus, wonach Freiheit eben durch Verantwortung balanciert wird.
Ein anderes Thema betrifft Design vermutlich bereits mehr als Textkünstler:
Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?
Mit KI erstellte Werke sind für mich keine Kunst.
Wie begründest du das?
Das ist wie Malen nach Zahlen. Sieht am Ende vielleicht schön aus, hat aber nichts mit Kunst zu tun.
Wenn man mit Legosteinen baut, ist man doch auch kreativ, hängt es wirklich daran, ob man mit der eigenen Hand malt?
Die Programme haben unerlaubt an Vorbildern „gelernt“ und stellen aus den geklauten Motiven dann etwas zusammen. Ich könnte vermutlich auch aus 20 Bildern bekannter Künstler etwas basteln, bei dem man am Ende nicht mehr erkennt, was die Basis ist.
Genau, ich glaube, das fehlen auch noch Vorgaben, was die KI darf und was nicht. Das ist urheberrechtlich eigentlich einfach, aber die Beweislage ist – wie du ansprichst – da extrem schwierig. Schon bei Bildern, aber noch mehr bei Texten. Aber lass uns jenseits der Paragraphen nochmals von ambitionierter Lego-Kunst sprechen, sofern das Kunst ist …
Das war dann zwar eine handwerklich Arbeit, aber eben keine Kunst. Ich möchte mit meinen Covern etwas erreichen, auslösen, Gedanken anregen. KI macht, was man ihr sagt und im Stil, den man ihr sagt. Wenn mir jemand eine Tiefkühlkpizza hinstellt und sagt, er/sie hätte für mich gekocht, würde ich das auch nicht ernst nehmen. Wenn der Teig selbst gemacht wurde, der Beleg ausgewählt, die Oliven liebevoll einzeln an die passenden Stellen gelegt sieht das ganz anders aus. Kochen und Backen ist ja auch irgendwo Kunst. Eine Tiefkühlpizza nicht.
Den Vergleich finde ich richtig gut. Kochen und Backen mag ich sehr gerne und irgendetwas tiefgekühltes hat für mich niemals das, was jemand mit viel Herz und Liebe gekocht hat. So, jetzt habe ich prompt Hunger bekommen! Aber bevor wir den stillen, habe ich noch eine Abschlussfrage …
Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?
Mich würde interessieren, ob sich meine Antwort zu irgendeiner der Fragen ändern würde. Wobei Koriander und ich garantiert keine Freunde werden, das weiß ich jetzt schon!
😀 Das wäre aber auch ohne Koriander mal ein Ansatz, den finde ich gut. Lass uns das mal notieren und überprüfen. Liebe Anke, wir waren wieder supergern bei dir und hoffen, dass dein tolles Cover noch weit im Wettbewerb kommt!
Danke, für das nette Interview 😊
Wir haben uns zu bedanken. Und jetzt lass uns was korianderfreies zu Essen suchen.
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Im letzten Jahr waren wir schon einmal bei Anke zu Besuch und haben über Bücher, das Coverdesignen; Eichhörnchen und Pralinen gesprochen. Das Interview könnt ihr hier weiterlesen.